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# taz.de -- Gar nicht so einfach
> Schwarz-rote Regierungskommission soll den Sozialstaat vereinfachen.
> Linke warnt vor Sozialabbau
Von Stefan Reinecke
Schwarz-Rot setzt eine Sozialstaatskommission ein, die sehr viel sehr
schnell und gleichzeitig auch wenig tun soll. Denn sie wird sich mit vielem
gar nicht befassen – Rente, Pflege, Gesundheit sind ausgelagert. Beim
Bürgergeld bleiben zentrale Fragen wie die Sanktionen, die die Union
verschärfen will, außen vor. Als Aufgabe bleibt etwa, bei Wohngeld und
Kinderzuschlag Doppelstrukturen abzubauen und das System handhabbarer zu
machen. Vereinfachung lautet das Zauberwort.
Laut Schätzungen verzichten Hunderttausende von Berechtigten auf
Leistungen, weil Anträge und Strukturen zu komplex sind. Deren Entwirrung
wird angesichts von sich überlappenden Kompetenzen bei Behörden von Bund,
Ländern und Kommunen schnell unübersichtlich.
Die „erweiterte Regierungskommission“, deren Arbeit am 1. September
beginnt, setzt sich nicht aus ExpertInnen zusammen. Zu den 16 Mitgliedern
werden neben AbteilungsleiterInnen aus neun Ministerien Vertreter von vier
Bundesländern und drei Vertreter von Städten und Gemeinden gehören.
Außerdem sind Abgeordnete aus Unions- und SPD-Fraktion eingebunden. Diese
Konstruktion soll offenbar sicherstellen, dass die praktische Umsetzung im
Vordergrund steht. Man brauche, so die Einschätzung, keine neuen Konzepte –
stattdessen müsse man eher vorhandene Pläne für mehr Effektivität
verknüpfen und verwirklichen.
Experten werden ebenso wie Sozialverbände, Gewerkschaften und Unternehmen
bei Anhörungen zu Wort kommen. Das Arbeitsministerium rechnet mit mehr als
100 ExpertInnen, die zu Wort kommen sollen. Das Ziel ist es,
Sozialleistungen zu digitalisieren und Verwaltungsabläufe zu beschleunigen.
Das Themenspektrum ist zwar beschränkt auf steuerfinanzierte Leistungen,
trotzdem ist der Zeitplan ambitioniert. Schon Ende des Jahres um
Weihnachten soll der Abschlussbericht vorliegen.
Die Union drängt darauf, mindestens 1,5 Milliarden, später 4 Milliarden
Euro beim Bürgergeld einzusparen. Das soll für die Kommission keine Rolle
spielen. Jan van Aken, Chef der Linkspartei, kritisierte, die
Reformkommission sei „eine Sozialabbaukommission“. Das sei schon daran zu
erkennen, dass Sozialverbände und Gewerkschaften nicht Teil der Kommission
sind. „Wer über den Sozialstaat reden will, ohne über höhere Beiträge für
Reiche zu reden, kann nur ein Sozialabbauprogramm im Sinne haben“, so die
flächige Kritik von van Aken.
Neben der besseren Handhabbarkeit für Leistungsempfänger soll die
Reformkommission auch dafür sorgen, dass für diese „immer Anreize bestehen,
ein höheres Erwerbseinkommen zu erzielen oder eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufzunehmen“, so ein Papier des
Arbeitsministeriums. Dafür will man Vorschläge für die
Hinzuverdienstmöglichkeit in der Grundsicherung machen.
Laut Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) soll die Reformkommission „den
Sozialstaat bürgerfreundlicher, wirksamer und effizienter gestalten“ – ohne
„das soziale Schutzniveau“ zu senken. Die Leitung der Reformkommission
übernimmt Nermin Fazlic, Leiter der Grundsatzabteilung im
Arbeitsministerium.
22 Aug 2025
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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