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# taz.de -- veteranentag: „Im Ernstfall nicht marschieren“
> Samira F. ist Veteran*in und bereitet mit dem provisorischen
> anarchistischen Antikriegsrat seit über einem Jahr Proteste gegen den
> Veteranentag vor
Die Veranstalter des Veteranentags beanspruchen, für 10 Millionen Menschen
zu reden, die seit 1955 in der Bundeswehr „gedient“ haben. Es wird dabei
kein Unterschied zwischen Wehrpflichtigen und Freiwilligen gemacht. Ich bin
auch ein*e Veteran*in, bin aber wie viele ehemalige Wehrpflichtige einfach
vereinnahmt worden durch die Veranstalter. Ich absolvierte im Jahr 1985
einen 15-monatigen Grundwehrdienst in einer Kaserne in Augustdorf zwischen
Bielefeld und Paderborn, die den Namen des Wehrmachtsoffiziers Erwin Rommel
trug. In der Kaserne gab es NS-verherrlichende Symbole und wir mussten in
unserer Einheit kriegsverherrlichende Lieder zu singen, die eigentlich
verboten waren.
Doch es gab in unserer Kaserne auch Widerstand. So wurde die anarchistische
Soldaten-Zeitung „Rührt Euch“ breit verbreitet und von den Soldaten gerne
gelesen. Ich wurde verdächtigt, etwas mit der illegalen Zeitung zu tun zu
haben, was aber nie bewiesen werden konnte.
Ich habe bei meinen Wehrdienst erlebt, wie sich Soldaten selbst
verstümmelten, nur um den Militärübungen zu entgehen. Ich wurde in einer
Einheit zu Panzerspähsoldaten ausgebildet, die im Ernstfall in den
„feindlichen Linien“ operieren sollten. Das überlebt kaum jemand, was den
Soldaten bewusst war. Es gab innerhalb „meiner“ Kompanie etwa 30 Soldaten,
die schriftlich erklärten, sie würden im Ernstfall nicht marschieren.
Diese Erlebnisse motivierten mich auch zum Wurf des Farbbeutels, mit dem
ich den grünen Außenminister Joseph Fischer beim Sonderparteitag 1999 in
Bielefeld blutrot markierte. Es war klar, dass Fischer für seinen
Kriegskurs eine Mehrheit auf dem Parteitag finden würde. Mir war klar, dass
ein Befehl von oben zum Kriegführen bei den Soldaten unten mehr Drill und
mehr Repression bedeuten würde.
Ich bin aktiv im provisorischen anarchistischen Antikriegsrat, der hat sich
nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine gegründet. Mit dem
Veteranentag sollen auch alle durch die Kriegsbeteiligung traumatisierten
Veteranen an die Bundeswehr gebunden werden, indem argumentiert wird, dass
sie hier eine Gemeinschaft finden, die sie auffängt. Doch das ist eine
Instrumentalisierung. Wir fordern die Veteranen auf, sich gegen eine
Bundeswehr und eine Gesellschaft zu stellen, die wieder kriegsfähig gemacht
werden soll. Wir wollen zu jeder vollen Stunde mit Lärm und Transparenten
unsere antimilitaristischen Forderungen deutlich machen. Und ermutigen
alle, dann auch innerhalb des Geländes am Reichstag antimilitaristisch
sichtbar zu werden.
Protokoll: Peter Nowak
13 Jun 2025
## AUTOREN
Peter Nowak
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