# taz.de -- Sarah Wiener Die Zutat: Der Mai schmeckt überraschend harzig | |
Der Wald gibt im Frühjahr erstaunlich [1][wenig her für den kulinarischen | |
Genuss]. Aber wenig heißt nicht nichts. An Nadelbäumen bilden sich im | |
späten Frühling frische, hellgrüne Triebspitzen. Diese sind nicht nur | |
gesund, sie bereichern die Küche auch um ein wunderbares, seltenes, | |
harziges Aroma. Die sogenannten Maiwipferl stecken voller ätherischer Öle | |
und Vitamin C. Nur Vorsicht beim Sammeln: Während die Triebe von Tanne und | |
[2][Fichte unbedenklich genossen werden] können, ist die Eibe giftig. | |
Anhand ihrer roten Früchte ist sie leicht zu erkennen, aber zur Sicherheit | |
fasse ich immer auch die Nadeln an. Sie sind weich, wie die der Tanne, | |
haben aber keine weißen Streifen auf der Unterseite. | |
Von den essbaren Triebspitzen ernte ich immer nur zwei, drei pro Ast, um | |
den Baum nicht zu sehr zu beschädigen. Dann setze ich etwa einen | |
Maiwipferlhonig gegen Husten an. Dafür nehme ich 500 g flüssigen Honig, | |
mische 250 g Maiwipferl darunter und verschließe das Glas. Mit der Zeit | |
wird der Honig, der täglich umgedreht werden muss, dunkler. Nach drei | |
Wochen seihe ich ihn ab und fülle ihn für den Winter in neue Gläser. | |
Natürlich kann man die Triebe auch direkt verwerten. Dafür setze ich sie | |
mit Wasser auf, lasse sie etwa zehn Minuten kochen und wieder abkühlen. Es | |
entsteht ein Maiwipferlsud, der zum Beispiel zum Marinieren von Wildbret | |
genutzt werden kann. Ich mische ihn manchmal in einen Brotteig, um diesen | |
aufzupeppen. Wer mag, kann die Triebe auch mit Pinienkernen, Olivenöl und | |
Knoblauchzehen zu einem besonders [3][aromatischen Pesto] verarbeiten. | |
Gut lassen sich Maiwipferl auch mit einem anderen Gemüse kombinieren, das | |
gerade Saison hat: Spargel. Dafür koche ich eine Handvoll Maiwipferl mit | |
Zuckerwasser (60 g Zucker und 100 ml Wasser) zu einem Sirup, passiere ihn | |
durch ein Sieb und lasse ihn abkühlen. Dann erhitze ich etwas Butter in | |
einem Bräter, füge den Maiwipferlsirup hinzu und lasse den grünen Spargel | |
darin leicht karamellisieren. Anschließend im Backofen noch ein paar | |
Minuten garen lassen und mit frischen, fein gehackten Maiwipferln | |
dekorieren. Dazu passen geschmorte Steinpilze oder eine Rehkeule. | |
Mit dem restlichen Sirup mache ich noch eine Nachspeise. Dafür mische ich | |
ihn mit einem halben Kilo frisch pürierter Erdbeeren, fülle die Masse in | |
einen flachen Behälter und lasse sie über drei bis fünf Stunden gefrieren. | |
Dazwischen rühre ich mit dem Schneebesen immer wieder durch, damit das | |
Ergebnis schön cremig wird. Zum Servieren tauche ich einen Esslöffel in | |
heißes Wasser, steche kleine Nocken heraus und garniere sie mit frischen | |
Erdbeeren und fein gehackten Nadeltrieben. Guten Appetit! | |
24 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sarah Wiener | |
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