# taz.de -- Menstruation Superstar | |
> Mit ihrem Film „Red Cunt“ hat Toti Baches das Tabu der Regelblutung | |
> gebrochen. Dabei respektiert er Schamgrenzen und ist so konzipiert, dass | |
> ihn auch Zehnjährige anschauen können. In Hamburg kommt er jetzt | |
> anlässlich des Welttags der Menstruation noch einmal ins Kino | |
Bild: Hoch die Periodentassen! Der Welttag der Menstruation ist nur einmal im J… | |
Von Wilfried Hippen | |
Eine Gruppe junger Frauen trinkt gemeinsam in Feierlaune eine rote | |
Flüssigkeit aus Menstruationstassen. Eine Wrestlerin zwängt sich in ein | |
kompliziertes Kostüm, in dem sie dann als weibliches Geschlechtsorgan (mit | |
Spritzvorrichtung) gegen einen männliche Phallus in den Ring steigt. Ein | |
Transmann erklärt, warum er sich bei seiner Geschlechtsumwandlung dafür | |
entschieden hat, auch weiterhin zu menstruieren. | |
„Was Sie schon immer über Menstruation wissen wollten, aber bisher nicht zu | |
fragen wagten!“ wäre ein passender Alternativtitel für diesen | |
Dokumentarfilm, den die Hamburger Filmemacherin Toti Baches über die | |
Monatsblutungen gemacht hat. Aber „Red Cunt“ trifft den Kern des Films viel | |
besser, weil er provoziert. Denn damit macht er deutlich, dass es hier | |
darum geht, ein Tabu zu brechen. | |
Aber ist „cunt“ nicht ein sexistisches Schimpfwort? Toti Baches ist da | |
schon einen Schritt weiter: Sie hat herausgefunden, dass der Begriff | |
ursprünglich auf den Namen der Hindu-Göttin „Kunti“ zurückgeht, die Lieb… | |
Mutterschaft und Schönheit verkörpert und dass er dann später | |
antifeministisch umgedeutet wurde. | |
Ihr Film bietet ein paar von solchen Aha-Erlebnissen. So ergibt es zum | |
Beispiel viel mehr Sinn, die Menstruation nicht als eine Art monatlich | |
wiederkehrender Krankheit, sondern als ein Symptom der Gesundheit | |
anzusehen, denn solange eine Frau menstruiert, kann sie schwanger werden. | |
Darum weigert sich der oben erwähnte Transmann auch, mit einer | |
Hormonbehandlung die Monatsblutungen zu unterdrücken: Das wäre nämlich ein | |
endgültiger Verzicht darauf, irgendwann einmal im Leben Kinder zu bekommen. | |
„Red Cunt“ ist der erste Teil einer Trilogie von Filmen zu den tabuisierten | |
M-Wörtern Menstruation, Masturbation und Menopause. Toti Baches kam auf die | |
Idee, als sie ihre zehnjährige Tochter über die Menstruation aufklären | |
wollte und merkte, wie schwierig dies war. Auf einer Ebene ist „Red Cunt“ | |
dann auch tatsächlich zu einer Art von „Lach- und Sachgeschichte“ geworden, | |
denn Baches hat einen Teil des Films in einem kindgerecht bunten Stil | |
animiert. | |
Da umschwirrt dann ein kleines Menstruationsengelchen mit dem Namen Mensi | |
ein kleines Mädchen, das sich erschrickt, als seine ersten Blutungen seine | |
Hose durchnässt. Mensi ist auch dann keine große Hilfe, wenn das Mädchen in | |
der Schule von den anderen Schüler*innen lächerlich gemacht wird, weil | |
es seine blutige Binde in der Toilette liegen lässt. Dies ist Toti Baches | |
Tochter tatsächlich passiert, und auch später nutzt sie die animierten | |
Passagen ihres Films, um persönliche Erfahrungen mit der Menstruation (wie | |
etwa abschätzige Bemerkungen eines Vorgesetzten während eines | |
Büro-Meetings) erzählen und bebildern zu können. | |
Sehenswert wird der Film aber durch die Sequenzen, in denen Toti Baches | |
menstruierende Menschen besucht, die versuchen die herrschenden Vorurteile | |
zu dem Thema zu korrigieren. Dazu gehört die trinkfreudige Gruppe von | |
jungen Frauen, die sich gebildet hat, um Erfahrungen mit der Regelblutung | |
auszutauschen und Tipps zu geben. Da wird etwa das Verwenden von | |
sogenannten Mooncups propagiert, die eine sowohl die Umwelt wie auch den | |
weiblichen Körper schonende Alternative zu Binden und Tampons sind. Und | |
überraschend intensiv gerät im Film der Besuch bei einer Beraterin, die mit | |
zwei Frauen ein sogenanntes „Vulva-Watching“ veranstaltet, bei dem Frauen | |
jeweils die Vagina der anderen betrachten. Eine der Frauen ist von dieser | |
für sie neuen Erfahrung so überwältigt, dass sie zu weinen beginnt. Diesen | |
sehr intimen Moment hat Toti Baches mit viel Einfühlungsvermögen und | |
Taktgefühl gefilmt und geschnitten. Und auch sonst verzichtet die | |
Filmemacherin auf Bilder, die die Schamgrenze der einen überschreiten oder | |
die Schaulust der anderen befriedigen könnten. Toti Baches hat ihren Film | |
so konzipiert, dass sie ihn damals auch ihrer zehnjährigen Tochter hätte | |
zeigen können. | |
28 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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