# taz.de -- Marsch gegen Drink | |
> Eine Demo für Kameruns Präsidenten wird unerwartet zur Gegendemo | |
Aus Yaoundé Helena Kreiensiek | |
Als sich das Handy nach der Landung in Kameruns Hauptstadt Yaoundé mit dem | |
Internet verbindet, blinkt eine Nachricht auf dem Display auf: „Willkommen | |
in dem Land, in dem nichts eine Freude macht – außer vielleicht der | |
gegrillte Fisch“. Es sind die Grüße einer kamerunischen Freundin. | |
Lakonisch, überspitzt, aber vor allem symptomatisch, denn der Frust über | |
die politischen Zustände im Land ist groß. | |
Seit 43 Jahren wird das Land von ein und demselben Mann regiert: Paul Biya. | |
Mit seinen 92 Jahren trennen ihn alterstechnisch gut sieben Jahrzehnte vom | |
durchschnittlichen Kameruner, der Altersmedian des Landes liegt bei knapp | |
18 Jahren. Kritiker werfen Biya nicht nur deshalb seit Langem vor, den | |
Bezug zur Lebenswirklichkeit seiner Bevölkerung verloren zu haben. | |
Am 5. Oktober wird in Kamerun voraussichtlich gewählt. Ob Biya sich in | |
diesem Jahr erneut zur Wahl stellen lassen wird, ist noch nicht bestätigt, | |
aber der Wahlkampf läuft bereits auf Hochtouren. So fand am 10. Mai, unter | |
der Schirmherrschaft des RDPC-Politiker Cavayé Yéguié Djibril, der „Marsch | |
der 100.000 Jugendlichen“ in der nordkamerunischen Stadt Maroua statt. | |
Eingekleidet in T-Shirts mit dem Konterfei von Paul Biya, zogen etliche | |
junge Menschen durch die Straßen der Stadt, um ihre Unterstützung | |
auszudrücken. | |
Was als Werbeaktion für den Präsidenten gedacht war, endete allerdings in | |
einem Fiasko, das landesweit Spott nach sich zog. Denn nachdem die | |
Teilnehmenden brav für Biya marschiert waren, protestierten sie kurzerhand | |
direkt vor dem Hotel weiter, in dem die Organisatoren untergebracht waren. | |
Sie hatten nicht die versprochene Bezahlung von 1.000 CFA (etwa 1,50 Euro) | |
plus einem Erfrischungsgetränk erhalten und fühlten sich betrogen. Laut | |
lokalen Medien mussten Sicherheitskräfte einschreiten, um die angespannte | |
Situation aufzulösen. Neben Spott hagelte es auch Kritik. Mehrere | |
zivilgesellschaftliche Vereinigungen warfen den Organisatoren, sich ihre | |
Unterstützung schlicht zu erkaufen. „Wenig überraschend“, beurteilt der | |
kamerunische Journalist Guibai Guatama den inszenierten Marsch. Er sei | |
Ausdruck eines Systems, in dem kaum noch von echter politischer Kultur | |
gesprochen werden könne. | |
27 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Helena Kreiensiek | |
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