# taz.de -- Deutsche arbeiten relativ wenig | |
> Nur 1.036 Stunden im Jahr: Deutsche belegen im OECD-Ranking den | |
> drittletzten Platz | |
Von Katharina Andresen | |
Deutsche arbeiten im Vergleich mit Menschen in anderen Industriestaaten | |
wenig: Unter den Bürger:innen der 37 Länder der Organisation für | |
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belegen erwerbstätige | |
Deutsche zwischen 15 und 64 Jahren mit 1.036 Stunden Arbeitszeit im Jahr | |
den drittletzten Platz, weniger arbeiten nur Franzos:innen und | |
Belgier:innen. Beim Spitzenreiter Neuseeland sind es etwa 1.400 | |
Arbeitsstunden. | |
Obwohl die individuelle Arbeitsleistung seit 2013 um 2 Prozent gestiegen | |
ist, liegt Deutschland auch im Langzeitvergleich hinten. Polen hat sich | |
innerhalb der letzten zwölf Jahre um 23 Prozent verbessert. Auch | |
Griech:innen arbeiten mittlerweile jährlich 135 Stunden mehr als der | |
Deutsche. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte vergangene Woche gefordert, | |
die Menschen in Deutschland müssten „wieder mehr und vor allem effizienter | |
arbeiten“. | |
Dass Deutschland im Ranking so weit unten steht, liegt laut Alexander | |
Herzog-Stein, Arbeitsmarktexperte des Instituts für Makroökonomie und | |
Konjunkturforschung, nicht daran, dass es zu viele Arbeitslose gibt. | |
Ursache sei eher, wie wenige Stunden diejenigen mit Job arbeiten. Grund für | |
den niedrigen Durchschnitt scheine vor allem die Zunahme von | |
Teilzeitbeschäftigung zu sein, die eng mit circa 300.000 fehlenden | |
Kinderbetreuungsplätzen zusammenhänge. „Die Vereinbarkeit von Familie und | |
Beruf ist vor allem für Frauen weiterhin häufig nur über Teilzeitarbeit zu | |
bewerkstelligen“, so Herzog-Stein. Mütter arbeiteten in Deutschland zu 68 | |
Prozent in Teilzeit. | |
Wegen der aktuell stagnierenden Wirtschaftsleistung würden außerdem | |
industrielle Vollzeitstellen abgebaut und weniger Menschen als | |
Selbstständige arbeiten. Größere Anstrengungen, Familien- und Sorgearbeit | |
gleichmäßiger zu verteilen, seien deshalb essenziell: „Nur so kann es | |
gelingen, die Erwerbsquoten zu erhöhen“, sagt der Arbeitsmarktökonom. | |
Die Arbeitszeit zwischen verschiedenen Ländern zu vergleichen, sei zudem | |
schwierig. Mehr Arbeitszeit bringe nicht automatisch mehr Wohlstand. Auf | |
die Produktivität komme es an. Die Höchstarbeitszeit zu erhöhen – ein Plan | |
der Bundesregierung – könne zu weiteren Problemen bei der Vereinbarkeit von | |
Beruf und Familie führen. | |
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Yasmin Fahimi, sieht die | |
Erhebung kritisch: Dass der OECD-Vergleich Daten zu Voll- und | |
Teilzeitarbeit vermengt, mache ihn relativ wertlos. Es sei | |
„brandgefährlich“, Arbeitnehmer:innen die Schuld an der Wachstumskrise | |
zuzuschieben. | |
tazzwei | |
20 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Katharina Andresen | |
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