# taz.de -- Je ärmer der Kiez, desto weniger Kitaplätze | |
> Eine Studie zeigt, wie private Betreuungsangebote arme Familien | |
> zusätzlich benachteiligen | |
Von Ralf Pauli | |
Wie ungerecht es bei der Kitaplatz-Vergabe in Deutschland zugeht, ist | |
mittlerweile gut dokumentiert. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung | |
(BiB) etwa wies bereits vor zwei Jahren nach, dass die | |
[1][Betreuungschancen für armutsgefährdete Kinder] unter drei Jahren nur | |
halb so groß sind wie für Kinder aus nicht prekären Verhältnissen. Weniger | |
gut erforscht hingegen ist die Frage, woran genau das liegt. Hier liefert | |
nun eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) neue | |
Erkenntnisse. | |
Die Erhebung, die am Dienstag veröffentlicht worden ist, zeigt, dass in | |
ärmeren Stadtvierteln oft weniger Kitaplätze zur Verfügung stehen als in | |
wohlhabenderen Ecken der Stadt. Teils sei die Betreuung dort „doppelt, | |
dreifach oder sogar vierfach“ so hoch, schreiben die IW-Forscher:innen. | |
Innerhalb einer Stadt gebe es im Schnitt ein Drittel mehr Kitas in den | |
reicheren Stadtteilen. Für ihre Studie haben die Autor:innen 2.600 | |
Quartiere in 52 Städten untersucht. | |
Als Hauptgrund für die ungleiche Kita-Verteilung sieht die IW-Studie die | |
Logiken des freien Marktes. So bauten konfessionelle und frei-gemeinnützige | |
Träger, die bundesweit zwei Drittel der Kitaplätze bereitstellen, vor allem | |
in wohlhabenderen Gegenden ihre Betreuungsangebote aus. Möglicherweise | |
verschärfen die Kommunen diesen Trend, indem sie stärker auf die Bedarfe | |
von sozial besser gestellten Familien eingehen, die ihre Ansprüche besser | |
kommunizieren könnten. Laut der IW-Studie ist diese Benachteiligung | |
besonders in ostdeutschen Kommunen zu beobachten, im Westen wirkten die | |
kommunalen Angebote diesem Trend teils entgegen. | |
Für das Versprechen gleicher Bildungschancen seien die ungleich verteilten | |
Kitaplätze „fatal“, warnen die Autor:innen. Es drohe die „Reproduktion v… | |
sozio-ökonomischen Chancenungleichheiten“. Studienautor Matthias Diermeier | |
kritisiert: „Das Geld, das in Kitas investiert wird, kommt nicht | |
ausreichend da an, wo es ankommen sollte“. | |
Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Heidi Reichinnek, | |
nimmt die künftige Bundesregierung in die Pflicht: „Die Studie ist der | |
nächste Beweis dafür, dass die Kommunen massiv bei der Finanzierung der | |
Kitas unterstützt werden müssen“. Dem müsse der Bund entgegenwirken. | |
In ihrem Koalitionsvertrag versprechen Union und SPD, Kitas in sozial | |
benachteiligter Lage mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. [2][Ab 2027 | |
sollen allein vom Bund jedes Jahr 8 Milliarden Euro in die Kitas] fließen. | |
(mit dpa) | |
30 Apr 2025 | |
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