# taz.de -- Strompreis am Sonntag auf Tiefstand | |
> Wer zur Mittagszeit eine Kilowattstunde abnahm, bekam 13 Cent obendrauf | |
Von Bernward Janzing | |
Die Sonne hat am Wochenende zeitweise für Rekordüberschüssen im deutschen | |
Stromnetz gesorgt. Am Sonntagmittag lieferten die Photovoltaikanlagen so | |
viel Strom, dass der Preis am Spotmarkt für sieben Stunden negativ wurde. | |
Zeitweise fiel der Preis sogar bis auf minus 130 Euro pro Megawattstunde, | |
den bisher niedrigsten Wert des Jahres. Wer eine Kilowattstunde Strom | |
verbrauchte, bekam also am Sonntag zur Mittagszeit bis zu 13 Cent je | |
Kilowattstunde obendrauf. Für Haushalte werden die Preise zwar trotzdem | |
selten negativ, da in der Praxis bei den Abnehmern zum Großhandelspreis | |
noch die Netzentgelte hinzukommen. Aber Kunden mit einem dynamischen | |
Stromtarif können in Stunden mit negativen Börsenpreisen sehr billigen | |
Strom beziehen. Ein Rechenbeispiel von Sonntagmittag: Bei minus 13 Cent | |
Großhandelspreis und 16 Cent Netzentgelten, Steuern und Abgaben konnten | |
Haushaltskunden am Mittag zwischen 13 und 14 Uhr für drei Cent je | |
Kilowattstunde Strom beziehen. Abends um 20 Uhr, als der Börsenpreis wieder | |
über 12 Cent lag, kostete die Kilowattstunde dann für die gleichen Kunden | |
rund 33 Cent. Während negative Strompreise für die Kunden mit dynamischen | |
Preisen attraktiv sind, sind sie für die Steuerzahler teuer. Denn viele | |
Solaranlagen erhalten eine fixe Einspeisevergütung. Die Differenz zum | |
Marktwert des Stroms wird dann aus dem Bundeshaushalt bezahlt. Dieser | |
Ausgleich nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz kostete 2024 rund 18,5 | |
Milliarden Euro aus Steuermitteln. | |
Längst strahlen die zeitweiligen deutschen Stromüberschüsse über die | |
Kopplung der Märkte im europäischen Verbundnetz in die Nachbarländer aus. | |
In sonnigen Stunden wird Deutschland regelmäßig zu einem großen | |
Stromexporteur. Am Sonntagmittag, als Deutschland nach vorläufigen Zahlen | |
rund 45 Gigawatt Solarstrom erzeugte, flossen rund 10 Gigawatt davon ins | |
Ausland. So waren auch in der Schweiz, Österreich, Belgien, den | |
Niederlanden, Frankreich, Dänemark und Polen die Strompreise zeitweise | |
negativ. Belgien unterbot mit minus 26,6 Cent am Sonntagmittag sogar den | |
deutschen Tiefstwert. Während in Deutschland am Sonntag Sonne und Wind | |
zeitweise rein rechnerisch ausgereicht hätten, den Strombedarf des Landes | |
komplett zu decken, waren zugleich noch fossile Kraftwerke mit mehreren | |
Gigawatt am Netz. Noch sind die steuerbaren und verlässlich produzierenden | |
Kraftwerke nötig, um Engpässe im Netz zu beheben und es zu stabilisieren. | |
Im Sommer dürfte das Phänomen der negativen Strompreise ein nie gekanntes | |
Ausmaß annehmen, hat die installierte Photovoltaikleistung in Deutschland | |
doch die 100 Gigawatt überschritten. Die Märkte spiegeln die zeitweilig | |
massiven Überschüsse präzise wider: Im April gab es mit bisher 62 Stunden | |
bereits einen neuen Rekord für diese Jahreszeit. Der vorherige Spitzenwert | |
hatte im April des letzten Jahres bei 50 Stunden gelegen. Den Rekord hält | |
bislang der Juli 2024 mit 81 Stunden. Dieser wird wohl in den kommenden | |
Monaten übertroffen. | |
28 Apr 2025 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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