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# taz.de -- Mit jedem Tag ohne Regen wird es schwieriger
> In vielen Regionen Deutschlands ist es so trocken wie noch nie seit
> Beginn der Messungen. Das Land braucht ein neues Wassermanagement
Von Heike Holdinghausen
Noch weiß niemand etwas von einem „Jahrhundert-Sommer“. „Temperaturen ü…
40 Grad sind in Deutschland nach wie vor ein Extremereignis, und eine
fundierte Vorhersage ist maximal für die nächsten 3 bis 7 Tage möglich“,
sagt der Deutsche Wetterdienst (DWD). So könne er auf wissenschaftlicher
Grundlage aktuell keine Aussagen zu einem „extremen Hitzesommer“ treffen.
Es ist aber auch nicht nötig, künftige Katastrophen zu erfinden, die
Wirklichkeit ist katastrophal genug. „Wir haben in einigen Teilen
Deutschlands trockene Böden wie noch nie seit Messungsbeginn“, sagt Falk
Böttcher, Agrarmeteorologe vom DWD.
Die Bodenfeuchte wird in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg gemessen.
[1][Noch nie hat es seitdem in den Monaten Februar, März, April so wenig
geregnet wie 2025.] Betroffen ist, mit Ausnahme weniger Regionen – wie
Nordhessen und dem Thüringer Becken – das ganze Land. Ein Beispiel: In der
Gegend um Rostock sind im Frühjahr insgesamt 35 Liter Regen pro
Quadratmeter gefallen; normal wären 100 Liter. „Im Moment sieht alles noch
grün aus“, sagt Böttcher. „Aber das täuscht.“ Jetzt, wo die Tage wärm…
werden, wachsen die Pflanzen, dabei verbrauchen und verdunsten sie Wasser.
„Die Rapsschoten füllen sich, die Getreideähren bilden sich aus“, so der
Experte. „Mit jedem Tag ohne Regen wird es für die Pflanzen schwieriger.“
Um ein Kilo Weizenkörner pro Quadratmeter zu ernten, seien 500 Liter Wasser
nötig. Das sei in Deutschland normalerweise kein Thema, „aber jetzt doch“.
[2][Auch im Wald sei die Lage kritisch. „Für Fichte, Eiche oder Buche ist
die Lage ernst“], warnt Böttcher. Zwar hätten überdurchschnittliche
Niederschläge im vorigen Jahr vor allem in Westdeutschland die oberen
Bodenschichten gut gefüllt. Im Osten gelte das nicht, erst recht nicht für
die tieferen Schichten.
In Forsten trifft Bodentrockenheit auf Bäume, die immer noch unter den
Dürrejahren 2017 und 2018 leiden. „Wenn Dürren einmalig auftreten, können
sich Bestände erholen“, sagt Anne Arnold vom Nabu-Waldinstitut Blankenburg.
Wenn sie mehrmals aufträten, werde es schwierig. Noch nach acht Jahren
zeigten die Bäume den Trockenstress, von der molekularen Ebene bis zum
Baumbestand. „Die Bäume wachsen nicht mehr in die Breite, immer mehr Bäume
sterben ab.“ Das sei das ökologische Vermächtnis von Dürre. Helfen könne
nur mehr Wasser im Wald. „Es nützt aber nichts, wenn die Forstwirtschaft
Wasser spart, und die Landwirtschaft nebenan beregnet ihre Äcker und zieht
das Grundwasser ab“, sagt Arnold. „Es geht nicht um eine Waldwende, sondern
um eine Landwende.“
Dazu beitragen will die EU mit ihrem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur
(kurz: NRL) gehen, mit dem unter anderem Feuchtgebiete und Auen wieder
eingerichtet werden sollen. Im vergangenen Jahr beschlossen, muss es jetzt
umgesetzt werden – und wird in Deutschland prompt infrage gestellt. Auf der
Umweltministerkonferenz am Freitag ist das Gesetz Thema, denn Naturschutz
ist Ländersache. Während Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz
bekräftigen, das Gesetz sei notwendig, halten die Umweltminister von
Brandenburg und Sachsen es für nicht umsetzbar. Unterstützung bekommen sie
von den meisten Agrarminister:innen, auch aus Landesregierungen mit grüner
Beteiligung. Tobias Arbinger, Naturschutzreferent des WWF, kann den
Widerstand so nicht nachvollziehen. „Die Länder haben jahrzehntelange
Erfahrungen mit der Wiedervernässung von Mooren, mit Wildnisgebieten, mit
Waldschutz, das EU-Gesetz knüpft an bestehendes Naturschutzrecht an.“
Dass die Umweltminister nicht aufs Wetter hoffen können, werden sie am
Freitag an ihrem saarländischen Tagungsort Orscholz erfahren. „Nur der
äußerste Osten, Sachsen und der Brandenburger Raum bekommen am Wochenende
ein bisschen Regen ab“, so Böttcher. „Diese Mengen können vielleicht zwei,
drei Tage ausgleichen, was die Pflanzen verdunsten, mehr nicht.“
16 May 2025
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## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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