# taz.de -- Appelle an Bürger:innen zeigen Wirkung | |
> In der Gaskrise haben Aufrufe zum Energiesparen und andere Faktoren | |
> Verbraucher:innen eher dazu gebracht, weniger zu heizen, als höhere | |
> Preise, zeigt eine Studie | |
Bild: Mit Wollmütze und Fäustlingen auf der Couch: Viele Deutsche stellten im… | |
Von Anja Krüger | |
Appelle zum Sparen und andere nicht finanzielle Faktoren haben in der | |
[1][Energiekrise] 2022 mehr bewirkt als die drastischen Preiserhöhungen | |
fürs Heizen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts | |
für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, die der taz vorliegt. „Sollen | |
kurzfristig Einsparungen beim Energieverbrauch erreicht werden, gelingt | |
das besser über Appelle und Spartipps als über den Preis“, sagte | |
Studienmitautor Till Köveker aus der Abteilung Klimapolitik des DIW Berlin | |
der taz. | |
Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 war die Angst | |
vor einem Mangel an Gas groß. Deutschland bezog einen erheblichen Teil | |
seines Erdgases aus Russland. Der russische Staatschef Putin nutzte die | |
Lieferungen als Drohpotenzial, indem er sie mal mehr, mal weniger | |
drosselte. Seit Herbst 2022 [2][kommt kein russisches Erdgas mehr über | |
Pipelines nach Deutschland]. Eine Folge waren drastisch steigende Preise | |
fürs Heizen. Weil der damalige Wirtschaftsminister [3][Robert Habeck | |
(Grüne)] und andere für die Energieversorgung Verantwortliche fürchteten, | |
dass Gas knapp werden könnte, appellierten sie an die Bürger:innen, weniger | |
zu heizen. Etliche Organisationen gaben Energiespartipps. | |
Tatsächlich verbrauchten die privaten Haushalte in Deutschland 2022 | |
gegenüber dem Vorjahr insgesamt 16 Prozent weniger Heizenergie. Davon gehen | |
nur zwei Prozentpunkte auf die gestiegenen Preise zurück, so die | |
DIW-Forscher:innen. Nicht monetäre Faktoren hatten im Krisenjahr einen | |
mehr als viermal so großen Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der | |
Bürger:innen als die höheren Kosten, sagt Köveker. Die übrigen | |
Einsparungen führen die Wissenschaftler:innen auf das wärmere Wetter | |
zurück sowie nach der Coronakrise die Rückkehr von Beschäftigten aus dem | |
Homeoffice. | |
„Appelle und Spartipps hatten zumindest kurzfristig einen starken Effekt“, | |
ist Köveker überzeugt. Welche Motive genau die Bürger:innen bewegten, | |
die Raumtemperatur zu drosseln, ist aus den Daten nicht ablesbar. Die | |
Forscher:innen gehen davon aus, dass die anhaltende Debatte etwa über | |
die Gasspeicherfüllstände oder Informationskampagnen Spuren bei den | |
Bürger:innen hinterlassen haben. | |
Für die Studie haben die Wissenschaftler:innen Heizungsabrechnungen | |
von mehr als 140.000 Mehrfamilienhäusern in Deutschland für das Jahr 2022 | |
ausgewertet, die sie vom Immobiliendienstleister Ista SE erhalten hatten. | |
Die Ergebnisse seien auf den gesamten Gebäudebestand übertragbar, so | |
Köveker. Die Forscher:innen verglichen die Haushalte, deren Heizkosten | |
gestiegen waren, mit denen ohne Preiserhöhung. In den Wohnungen mit | |
steigenden Kosten sank der Verbrauch um zwei Prozent stärker als in den | |
anderen – umso mehr, je höher die Kosten kletterten. „Der Preis hat schon | |
einen Effekt“, sagt Köveker. „Aber recht schwach.“ | |
Stiegen die Heizkosten um weniger als 25 Prozent, konnten die | |
Wissenschaftler:innen keinen signifikanten Effekt erkennen. Eine | |
Erklärung dafür ist, dass Vermietende in diesen Fällen die | |
Abschlagszahlungen fürs Heizen nicht angepasst haben und den betroffenen | |
Haushalten die Erhöhung nicht klar war. Das Wissen um den Preisanstieg | |
könnte auch die Ursache für einen weiteren Effekt sein: Haushalte, die mit | |
Fernwärme heizten, sparten mehr als die mit Gasheizungen. Bei Fernwärme | |
gibt es in der Regel nur einen Anbieter, Nachbarschaften sind gleichermaßen | |
von Preiserhöhungen betroffen – weshalb eher darüber gesprochen wird. | |
Bei einer künftigen Energiekrise wäre es für die Regierung sinnvoll, nicht | |
monetäre Instrumente wie Appelle gezielt zu nutzen. „Sich allein auf eine | |
Preiserhöhung zu verlassen, würde wahrscheinlich nicht funktionieren“, | |
sagte er. Die Studie gebe keine Auskunft darüber, wie nachhaltig Appelle | |
langfristig wirken, etwa um Verhaltensänderungen mit Blick auf die | |
Klimakrise zu bewirken. | |
15 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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