Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Elya Maurice Conrad Änder Studies: Die Popkultur der USA galt eins…
Ich bin Jahrgang 2000. Als ich alt genug war, um auf dem Schulhof über
Filme und Serien zu sprechen, regierten Hannah Montana und High School
Musical. Mit zehn sah ich Twilight, mit zwölf lachten wir über Hangover und
American Pie und fanden The Big Bang Theory cool.
Am 17. September 2013 stand ich im Media Markt und hielt 70 Euro in der
Hand – lange angespart, endlich genug für Grand Theft Auto 5. Das
Videospiel ist offiziell ab 18. Es besteht daraus, die Karrieren von drei
Gangstern in Los Angeles voranzutreiben. Autofahrten und Gefechte mit
Maschinengewehren prägen das Spiel. Es ist eine Parodie der US-Kultur. Auch
als ich Deutschrap entdeckte, musste ich feststellen, dass die Musik, die
ich so liebte, Produkt eines US-Exports ist. In den USA entstanden die
kulturellen Wellen, die über den Atlantik bis zu mir auf die deutschen
Schulhöfe schwappten.
Und als ich mich outete, waren es wieder die Vereinigten Staaten, die mit
[1][Stonewall], mit Harvey Milk, mit RuPaul in greller Kriegsbemalung
vorangingen. Ich wollte dieses Land irgendwann sehen. Nicht romantisch
verklärt – aber neugierig. New York, den Mittleren Westen, vielleicht die
Bay Area. Aber ich war nie da.
Heute habe ich das Geld. Ich hätte auch die Zeit. Aber ich dürfte nicht
mehr rein ins „Land of the Free“. Warum nicht? Donald Trump ist wieder
Präsident – und mit ihm kam ein Dekret, das Menschen wie mich nicht mehr
ins Land lässt. Wer in die USA reisen will, muss klar Mann oder Frau sein.
Wer inter oder nicht-binär ist, kann keine Einreiseerlaubnis mit korrekter
Geschlechtsbezeichnung bekommen. Ich bin unzulässig in dem Land, das mit
den Stonewall-Protesten die weltweite Befreiungsbewegung queerer Menschen
lostrat. Aus Sicht der Trump-Regierung bin ich einfach keine existierende
Person.
Die Zeit der Vorherrschaft der Vereinigten Staaten für demokratische und
progressive Werte scheint vorbei zu sein. Die USA waren einmal die Soft
Power, die in den Kinder- und Jugendzimmern bestimmte, was angesagt war.
Mit der Ausgrenzung von queeren Menschen und [2][der Einschränkung der
Wissenschafts- und Kunstfreiheit] haben sie sich entschieden, diese Rolle
aufzugeben. Menschen wie mir die Einreise zu verwehren, ist nur ein
Ausdruck davon. Trans Menschen innerhalb der USA wird die medizinische
Versorgung staatlich abgeschnitten, queere Literatur wird aus den Schulen
und Universitäten verbannt und wer nicht auf Linie mit der US-Regierung ist
oder die falsche Hautfarbe hat, muss unter Umständen mit einem
gewalttätigen Staat rechnen, der Gerichtsurteile missachtet.
Für uns alle geht damit ein positiver Referenzpunkt verloren, der einmal,
trotz aller berechtigten Kritik an den politischen Machenschaften der
Vereinigten Staaten, als Epizentrum kultureller Freiheit und queerer
Sichtbarkeit galt. Die Beschneidung unserer Rechte ausgerechnet durch
diesen Staat macht mich sprachlos. Ich habe den USA deshalb nicht mehr viel
zu sagen.
Aber allen anderen, vor allem den Menschen auf dem europäischen Kontinent,
sage ich: Lasst uns den frei gewordenen Platz einnehmen und eine bessere
kulturelle Hegemonie schaffen, als es dieser dysfunktionale Staat je war.
Einen Kontinent, der auch in 40 Jahren noch ein Sehnsuchtsort für queere
Emanzipation oder einfach das Gefühl von Freiheit sein wird. Der politische
Umbruch ist vielleicht [3][die beste Chance, die Europa je hatte], sich zu
einigen und als Leuchtturm der Demokratie und Freiheit den Glanz der
Freiheitsstatue wieder erstrahlen zu lassen.
Elya Maurice Conrad, 24, ist Klimaaktivist*in, Rapper*in und Software
Engineer.
10 May 2025
## LINKS
[1] /!5602848&SuchRahmen=Print
[2] /!6080760&SuchRahmen=Print
[3] /!6071377&SuchRahmen=Print
## AUTOREN
Maurice Conrad
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.