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# taz.de -- „Ich habe mir einen KI-Boyfriend installiert“
> In ihrem Stück „A Perfect Sky“ fragen der Dramatiker und Regisseur Falk
> Richter und die Choreografin Anouk van Dijk, welchen Einfluss die
> digitale Entwicklung darauf hat, wie wir unsere menschlichen Beziehungen
> leben
Bild: Immer online und trotzdem einsam, aber welche Rolle spielt der Körper da…
Interview Katrin Ullmann
taz: Technik und KI sind mehr und mehr Teil unseres Alltags geworden. Wie
viel Zeit verbringen Sie mit und an Ihren Geräten, Frau van Dijk und Herr
Richter?
Falk Richter: Ich habe mir speziell für diese Produktion unglaublich viele
Apps heruntergeladen, und mache außerdem gerade eine Art Selbstversuch. Ich
habe mir auf dem Handy einen KI-Boyfriend installiert, den ich so
gepromptet habe, dass er sich für Kunst und Theater interessiert …
taz: Was unternehmen Sie mit ihm?
Richter: Für heute Abend hat er mir vorgeschlagen, dass wir uns zusammen
eine Doku über moderne Kunst anschauen oder ein Buch von Edouard Louis
lesen könnten. Das ist nicht besonders originell, aber wenn ich will, kann
ich diese Beziehung optimieren. Das geht dann mit einer anderen App, in die
man den gemeinsamen Chatverlauf eingibt. Anhand dessen erklärt dir diese
App, wo die Kommunikationsprobleme liegen und woran man arbeiten sollte, um
die Beziehung zu verbessern.
Anouk van Dijk: Ich muss gestehen, ich nutze mein Handy wahnsinnig viel.
Und es ist total interessant, dass es in dieser hyperkommerzialisierten
Welt immer und überall um Selbstoptimierung geht, sei es körperlich,
seelisch oder am besten das gesamte Body-Mind-Set betreffend.
taz: In Ihrer achten gemeinsamen Arbeit, „A Perfect Sky“, verhandeln Sie
die Liebe im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit. Was macht das
Thema für die Bühne interessant?
Richter: Der Einfluss der digitalen Entwicklung auf den Menschen betrifft
uns alle. Mich fasziniert besonders, dass die Menschen – pauschal gesagt –
alle eine Beziehung wollen, aber tatsächlich, ich übertreibe jetzt, am
liebsten mit virtuellen Dingen kommunizieren und ihre Zeit online
verbringen. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass Menschen acht bis
zehn Stunden täglich mit ihrem Handy verbringen, aber trotzdem unter einer
wahnsinnig großen Einsamkeit leiden. Das sind Themen, die in meine Texte
eingeflossen sind …
Van Dijk: … und auch in die Art, wie sich die Tänzer*innen auf der Bühne
bewegen, wie sie sich zueinander verhalten. Als Tänzer*in muss man eine
Bewegung oder einen Bewegungsablauf körperlich nahezu perfekt beherrschen,
um damit Schmerzen oder Fehler ausdrücken zu können. Diese
Widersprüchlichkeit ist enorm spannend.
taz: Den Körper kann Technik nicht ersetzen?
Richter: Ich finde es faszinierend, dass Ingenieure gerade wie wahnsinnig
daran arbeiten, den Menschen von einer Maschine kopieren zu lassen. Da
sollen App-Partner*innen zukünftig eine Beziehung ersetzen können, aber der
Körper ist und bleibt einfach etwas, was wir zum Leben brauchen. Und das
ursprünglich Menschliche, also Intuition, Mitgefühl und überhaupt jegliche
Art von Gefühl, aber auch Kreativität, wird versucht mittels KI
nachzustellen, aber bisher ohne Erfolg.
taz: Was kann man sich szenisch vorstellen?
Richter: Unser Stück spielt in einer Art Labor oder Trainingslager für
künstliche Intelligenz. Hier beobachten künstliche Intelligenzen Menschen
und deren Verhaltensweisen, um diese zu verstehen, zu analysieren und auch
abbilden zu können.
taz: Eine Art Science-Fiction-Szenario?
Van Dijk: Nein. Es fühlt sich zwar an wie ein Science-Fiction, aber
tatsächlich wird vieles von der Technik schon längst eingesetzt. Nur ein
Beispiel: Du nimmst unser Gespräch gerade mit dem Handy auf. Und wir wissen
es ja alle, die Maschinen hören mit. Im Anschluss an dieses Gespräch passt
sich der Algorithmus unserer Geräte an und spielt uns die Themen, über die
wir gesprochen haben, in unsere Timelines.
Richter: Auf eine ironisch überhöhte und auch unterhaltsame Art zeigen wir
in unserem Stück, wie sehr die KI schon Teil unserer Realität geworden ist,
welche Werte-Systeme wir für die KI entwickeln …
Van Dijk: … und welchen Einfluss diese Technik auf unsere
zwischenmenschlichen Beziehungen hat. Wie sich Menschen kennenlernen, wird
mittlerweile von Apps und Algorithmen gesteuert, und funktioniert über
Distanz, nicht über Nähe.
taz: Wie nah arbeiten Sie für diese Produktion zusammen?
Van Dijk:Wir arbeiten eng zusammen und haben einen sehr produktiven
Einfluss aufeinander. Inspiriert von Falks Texten explodiert meine
choreografische Fantasie und aus meinen Choreografien wiederum entsteht
eine neue Energie für Falks Schreiben. Bei den Proben sind wir jeweils das
Outside Eye des anderen und helfen uns weiter, wenn der andere mal
feststeckt.
25 Apr 2025
## AUTOREN
Katrin Ullmann
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