# taz.de -- die sache ist: Die Inszenierung macht’s | |
> Gestaltet wurden Dinge immer, aber nicht immer hatten sie ein Image. Der | |
> Geschichte des Design-Objekts geht eine Ausstellung in Hamburg nach | |
Bild: Foto: Sailko/Wikimedia Commons (CC-BY-SA) | |
Funktion und Ästhetik sollte dieses Ding verbinden: 1924 erfand Marianne | |
Brandt, Studentin am Bauhaus in Weimar, in der dortigen Metallwerkstatt, | |
geleitet von László Moholy-Nagy, ihre brühmte Teekanne aus Silber und | |
Messing mit halbkugelförmigem Körper, präzisem Ausguss und geradem Griff. | |
Die Form war das Ergebnis ihrer Arbeit im Kontext der Bauhaus-Idee: Die | |
Schule, gegründet 1919 von Walter Gropius, strebte eine Verschmelzung von | |
Kunst, Handwerk und Industrie an, als in der Nachkriegszeit Deutschland | |
nach neuer Ordnung suchte. | |
Brandts Teekanne spiegelt diese Prinzipien wider: Sie ist praktisch, aber | |
auch ein Bekenntnis zu Modernität und Klarheit, ohne jedes Ornament. Die | |
Gestalterin musste mit Materialien und Proportionen experimentieren, bis | |
das Gleichgewicht stimmte. | |
Auf eine neue Ebene hob die Design-Kanne dann aber die Inszenierung: | |
Bauhaus-Fotograf:innen wie Moholy-Nagy nutzten Licht und Perspektive, um | |
ihre Form zu betonen, während Grafiker:innen mit schlichter Typografie | |
und aufgeräumtem Layout die Botschaft von Fortschritt und Präzision | |
unterstrichen. So wurde die Kanne zu einem Ding, das über den Gebrauch | |
hinaus Bedeutung trug. | |
Mit der Industrialisierung und der Massenproduktion im 20. Jahrhundert | |
veränderte sich die Rolle solcher designten Gegenstände: Charles und Ray | |
Eames revolutionierten in den 1940er- und 1950er-Jahren die Möbelwelt mit | |
Objekten wie dem Eames Lounge Chair, einem eleganten Sessel aus geformtem | |
Sperrholz und Leder. Der war nicht bloß Sitzmöbel, sondern auch | |
Versprechen: Komfort, Stil, der amerikanische Traum. Er zeigt, wie eng | |
Design mit gesellschaftlichen Werten verknüpft ist. | |
Auch die Eames arbeiteten mit Fotograf:innen zusammen, die den Stuhl in | |
eleganten Wohnszenen abbildeten – mit einem Glas Whisky oder einer Zeitung | |
in der Hand des imaginären Nutzers. Werbekampagnen präsentierten ihn als | |
Must-have für den modernen, wohlhabenden Haushalt, während die Grafik mit | |
klaren Linien und Farben die Botschaft verstärkte. | |
Das Objekt wurde zum Träger eines Lebensgefühls, das Konsument:innen | |
nicht nur kaufen, sondern erleben wollten. Diese Inszenierung war kein | |
Zufall, sondern das Ergebnis einer präzisen Zusammenarbeit zwischen | |
Kreativen und Unternehmen, die verstanden, dass starke Bilder den Wert | |
eines Objekts definieren. | |
Später, in den 1980er-Jahren, nahm das „Designding“ eine weitere Wendung. | |
Bei Ettore Sottsass und der Memphis-Gruppe etwa wurden eine bunte Lampe | |
oder ein schräges Regal zum ironischen Kommentar just zur strengen | |
Funktionalität von früher. Diese Dinge waren laut, verspielt, fast | |
rebellisch: Weg von der Nüchternheit, hin zu einer Ästhetik, die provoziert | |
und unterhält. Fotograf:innen wie Peter Shire setzten sie in surrealen | |
Szenarien in Szene, während Grafiker:innen mit wilden Mustern und | |
schrägen Schriften die Grenzen des guten Geschmacks ausloteten. | |
Mit dieser Inszenierung von Dingen setzt sich jetzt die Ausstellung „Hello | |
Image“ in Hamburg auseinander. Über 400 Objekte erzählen in acht Kapiteln | |
die Geschichte des Produkt- und Werbedesigns – von den Anfängen des 20. | |
Jahrhunderts bis heute.Robert Matthies | |
3 Apr 2025 | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |