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# taz.de -- Elya Maurice Conrad Änder Studies: Gewöhnt euch dran! Schwänze l…
Wenn ich Musik mache, rede ich viel über Sex. Über queeren Sex, über
Bisexualität, über Grenzen von Geschlechtern und über den Konflikt, in dem
queere Sexualität mit der Mehrheitsgesellschaft steht. Ich tue das, weil
queere Lust und queerer Sex [1][Teil meines Lebens] sind, und weil es mich
nervt, dass die ganze Popkultur voll ist von Männern, die Frauen erobern
und Frauen, die von Männern erobert werden wollen.
Und ja, ich will damit auch stören. Ich will es übertreiben, und ich will
den Spaß, den ich mit meiner Musik und meiner Kunst und meinem Sex habe,
zeigen.
Scrolle ich durch TikTok- und Instagram-Feeds, scheint das aber vielen
meiner eigenen Generation nicht so zu gefallen. Mich beschäftigt das. Warum
seid ihr plötzlich so prüde? In meinen Kommentaren landet zum Beispiel die
Nachricht von Patrick: „Ich hab echt nix gegen euch Queers, aber müsst ihr
das so in den Vordergrund stellen? Das ist doch mittlerweile vollkommen
normal! Deshalb hasst man euch!“
Dieser Kommentar hat mich lange nicht losgelassen, denn er steht für ein
Phänomen: Die vermeintliche Normalität von queerer Sexualität wird
herausgestellt, um zu sagen: „Hört auf, das zu zeigen!“ Und irgendwie
stimmt da was nicht.
Ich bin [2][Mehnersmoos]-Fan. Die Musik der selbsternannten „Frankfurter
Arschrapper“ besteht im Grunde aus einer maximal stumpfen und eingängigen
Wiederholung der Elemente Analsex, Bier, performativer Abwesenheit eines
geregelten Beschäftigungsverhältnisses, Fäkalsprache und noch mehr Analsex.
Muss man nicht mögen. Aber interessanterweise scheinen die Typen in meinen
Kommentarspalten, die sich um zu viel Sex in der Popkultur sorgen, hier
erstaunlich einfach auf „Weiter“ klicken zu können, wenn ihnen der Inhalt
nicht zusagt.
Ebenso wie bei all den 08/15-Deutschrappern, oder wenn „Layla“ aus den
Boxen schallt. Rappen aber Ikkimel oder Maryibu über Fotzenhaftigkeit, oder
ich selbst übers Schwanzlutschen, geht das plötzlich zu weit. Dann wird die
vermeintliche Normalität zum Argument, warum wir die Klappe halten sollen.
Gegenfrage an Patrick: Warum stört dich das denn nur bei Frauen und Queers?
Daraufhin hat er etwas Spannendes gesagt: Bei Mehnersmoos und Co sei ja
offensichtlich, dass das alles „nicht ernst gemeint“ sei. Deshalb könne er
da einfach skippen.
Im Umkehrschluss wird das interessant: Nach wie vor gibt es ja eine
mehrheitlich propagierte Heteronormativität, die vorgibt, was „normal“ ist
und was davon abweicht. Daher rührt auch Patricks Unwohlsein, wenn er meine
TikToks in die Timeline gespült bekommt, und wenn er sieht, wie Ikkimel auf
der Bühne einen Mann in einen Käfig sperrt.
Patrick kann zwar skippen, doch gestört fühlt er sich trotzdem. Was sehr
deutlich macht, dass da eben etwas nicht „normal“ ist. Und das nervt mich.
Wenn jede Darstellung von Sex, egal ob ernst oder übertrieben, die nicht
ins [3][Schema „Layla“] passt, euch nervös macht, liebe Patricks, dann
stimmt was nicht mit diesem „normal“. Gewöhnt euch dran! Schwänze lutsche…
Fotzenmukke machen und dabei geil aussehen, das gehört ab jetzt halt dazu.
Scroll’weiter, wenn dir das nicht passt, oder feier mit uns. Wir brauchen
eine Welt, in der wir genauso selbstverständlich sind, wie die Millionen
von cis-hetero Dudes, die schon immer über ihre Pimmel, Frauen und alles
andere reden dürfen. Bis dahin drücke ich euch rein, was ich mache, bis es
euch gefällt.
Elya Maurice Conrad, 24, ist Klimaaktivist*in, Rapper*in und Software
Engineer.
12 Apr 2025
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## AUTOREN
Maurice Conrad
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