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# taz.de -- Konzentration und Aushöhlung
> Weniger Auflage und noch weniger Vielfalt: Die deutsche
> Tageszeitungslandschaft konsolidiert sich
Von Steffen Grimberg
Der deutsche Zeitungsmarkt ist in Bewegung und die Auflage gedruckter
Tageszeitungen kennt dabei nur eine Richtung: abwärts. Die Auflage hat sich
allein in den letzten zehn Jahren fast halbiert und liegt heute bei rund
10,5 Millionen Exemplaren. Dafür steigen zwar die Zahlen beim E-Paper an.
Doch – Vorsicht, Spoiler – die von den Auflagenzählern der
Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern
(IVW) ermittelten 2,5 Millionen verkauften E-Paper sind in der
Gesamtauflage schon enthalten. Daher können sie und andere digitale
Abo-Formate längst noch nicht die Einnahmelücke schließen, die sich durch
die sinkenden Printauflagen auftun. Die Werbung lahmt und fließt im
Online-Bereich weiter ungebrochen zu großen Teilen in die Taschen von
Google und anderen Tech-Konzernen. Die Zahlen sind nicht ganz vollständig,
weil die als Verein organisierte IVW nur die Angaben ihrer Mitglieder
zählt. Doch der Trend ist klar.
Weil es bei den Einnahmen nach unten geht, gehen die Übernahmen nach oben.
Diverse früher eigenständige Verlage und Verlagsgruppen haben die Besitzer
gewechselt und gehen dabei meistens in größeren Einheiten auf. Das
Bundeskartellamt, früher höchst penibel in der Durchsetzung der besonderen
Spielregeln im deutschen Pressemarkt, gibt sich merklich lockerer. Die
Konsolidierung der deutschen Tageszeitungslandschaft ist im vollen Gange.
Geprägt ist sie dabei weiterhin von den Lokal- und Regionalzeitungen, die
das Gros der deutschen Presse ausmachen. Überregionale Titel wie
Süddeutsche, FAZ, Welt oder auch die taz sind zwar überproportional bekannt
und im Nachrichtenfluss anderer Medien präsent. Aber mit Blick auf die
nackten Zahlen sieht das ganz anders aus. Selbst wenn die Bild-Zeitung
dazugerechnet wird, kommen die Überregionalen zusammen auf keine 1,5
Millionen Exemplare.
Während der überregionale Markt, was Übernahmen und Verkäufe angeht, eher
statisch ist, spielt die Musik regional immer lauter. Neben schon lange
bestehenden Regionalzeitungsgruppen wie Funke, Madsack oder Ippen treten
jetzt neue Verbünde wie der der Neuen Osnabrücker Zeitung mit dem
Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag sh:z oder des Schwäbischen Verlags
mit dem Nordkurier aus Neubrandenburg. Bei diesen beiden neu verbündeten
Gesellschaften ist eine Positionierung der Titel gegen den vermeintlichen
„Mainstream“ zu beobachten. Die damit einhergehenden Misstöne nebst Öffnu…
der redaktionellen Linie für populistische Inhalte und
Verschwörungsmystiker wird von den Verantwortlichen dabei energisch
abgestritten.
Die weitere „Verkettung“ früher unabhängiger Titel in großen
Regionalzeitungsgruppen und ihren Medienhäusern führt redaktionell dabei zu
immer mehr Zentralisierung. Zentralredaktionen wie das Redaktionsnetzwerk
Deutschland der Madsack-Gruppe liefern deutschlandweit für alle Titel des
Konzerns und sind mittlerweile zur eigenen Marke geworden. Was sich auch
dann wieder zeigt, wenn es in den Rundfunknachrichten mal wieder heißt,
Politiker*in XY „sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe“. Der
früher viel und zu Recht gerühmten Pressevielfalt ist das natürlich
abträglich.
Wobei es überregional vielleicht noch erträglich ist, da hier immerhin
große und immer noch halbwegs passabel ausgestattete Einheiten die
Bundespolitik und andere deutschlandweite Themen beackert werden. Auf dem
Lande sieht das anders aus. Vor allem im Regionalen und Lokalen droht das
große Austrocknen, was das Projekt „Wüstenradar“ der Hamburg Media School
Ende 2024 eindrücklich zeigte. Die Studie konnte zum Glück noch keine
wirklichen „Wüsten“ ausmachen, wo in Sachen lokale Information gar nichts
mehr läuft. Doch in ihr ist von „Versteppung“ die Rede. Denn viele
sogenannte Lokalteile von Regionalzeitungen bespielen immer größere
Flächen. Was heute als lokal daherkommt, ist oft ganz im Wortsinn
meilenweit entfernt. Das Publikum findet seine wirkliche lokale Umgebung
nur noch selten wieder – womit sich Sinn und Zweck eines solchen
„Lokalteils“ eigentlich erübrigen. Dass ein solches „Wachstum“ bei
gleichzeitiger Aushöhlung des Inhalts keinen Erfolg haben kann, versteht
sich von selbst.
22 Mar 2025
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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