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# taz.de -- das wird: „In Hamburg kamen Hip-Hop und Punk zusammen“
> Eine Compilation wirft mit über 100 unveröffentlichten Songs und Skits
> einen Blick zurück in die Hamburger Hip-Hop-Geschichte in den 1990ern
Interview Robert Matthies
taz: Herr Herbst, Herr Reisser, Hamburg war in den 90ern eine
Hip-Hop-Hochburg. Was hat die Stadt von anderen wichtigen Städten wie
Heidelberg oder Stuttgart unterschieden?
Oliver Herbst: Spannend war hier die Entwicklung, die aus dem Punk kam. Wir
hatten eine große Punkszene und viele von denen hatten sich schon im
Musikbereich engagiert. Ale Dumbsky zum Beispiel war bei den Goldenen
Zitronen und hat dann mit Buback ein Label gegründet. Er hat schon früh
angefangen, junge Hamburger Hip-Hop-Artists wie die Absoluten Beginner zu
supporten, unter Vertrag zu nehmen und zu entwickeln.
Mirko Reisser: Punk hat eine große Rolle gespielt, auch mit der
Hafenstraße, dem „Ahoi“ als Treffpunkt und Jams im Störtebeker, wo die
Szene zusammenkam.
Herbst: Es gab diesen großartigen Buback-Sampler, „Kill the Nation with a
Groove“, 1993. Durchs Artwork und den Vibe war klar, dass das aus einer
anderen Welt kommt, wurde aber mit Hip-Hop fusioniert. Das hat man an den
Artists darauf gemerkt wie 2BIAS, der eigentlich einen punkigeren
Hintergrund hatte, aber auch von Public Enemy beeinflusst war.
taz: Was hat die Punks an Hip-Hop fasziniert?
Reisser:Punk war zu dem Zeitpunkt schon ziemlich kommerziell geworden.
Hip-Hop war neu, frisch und auch positiv, da konnten die andocken, denen
Punk zu destruktiv war. Aber es hatte trotzdem etwas total Rebellisches.
Aber es gab mit André Luth und Yo Mama auch eine andere Schiene. Man hatte
zwei Labels: Buback mit einem linken, rougheren Spektrum und Yo Mama mit
eher spaßorientiertem Hip-Hop. Aber beide kannten sich und respektierten
sich, haben in denselben Clubs als DJs aufgelegt.
taz: Sie haben für die 3-fach-Vinyl-Compilation und das 96-seitige Booklet,
das Sie am Freitag präsentieren, jahrelang umfassend recherchiert, über 100
weitgehend unveröffentlichte Songs und Skits zusammengesammelt und viele
Protagonisten interviewt.
Herbst: Uns war wichtig, das Gesamtbild zu zeigen und auch so zu
recherchieren, dass nicht nur eine Seite beleuchtet wird. Deswegen haben
wir zum Beispiel fast eine ganze Vinylseite mit Britcore, also der
Hardcore-Fraktion, die eine massive Subkultur in der Hip-Hop-Szene war. Das
Schöne war in Hamburg, dass du ganz verschiedene Facetten hattest. Es gab
bei 2ruff und Easy Business die amerikanischen Einflüsse, die haben auf
Englisch gerappt. Dann gab es Artists, die angefangen haben, mit Deutsch zu
experimentieren. Und es gab die, die auf Hardcore waren.
taz: In den 90ern haben Ereignisse wie die rassistischen Anschläge in
Rostock und Hoyerswerda die Szene geprägt. Dadurch wurden viele
politisiert.
Herbst: Ja, da gab es ganz klare Statements und eine Gegenbewegung.
Reisser: In Bergedorf hattest du damals die Straßenseite gewechselt, wenn
die Bomberjackenträger kamen. Gerade aus der Hip-Hop-Szene formierter sich
starker Widerstand gegen die Neonazi-Szene, die dann ab Mitte der
90er-Jahre auch schnell wieder kleiner wurde.
taz: In den 90ern war Hip-Hop noch DIY, niemand hatte die entsprechenden
Geräte.
Herbst: Das spielt eine wichtige Rolle. Die technische Entwicklung ging in
den 90ern total schnell, das kann man hören. Am Anfang gab es das
Amiga-500-Programm „Pro Tracker“, Leute haben auf Homecomputern produziert,
da war man total eingeschränkt. Aber es gab auch Leute wie Simon Vegas, die
ganz früh Equipment hatten. Und als man später Geld verdient hat, hat man
sich auch größere Geräte anschaffen können. Readykill haben eine Tour
gespielt und sich von dem Geld besseres Equipment gekauft, und das hört man
dann auch.
taz: Was ist auf der Release-Party zu hören?
Herbst: Man kann die Compilation in voller Atmosphäre erleben und mit
DJ-Sets von Pash Mackintosh aka MPK & B-Base werden wir den Sound der Zeit
aufleben lassen und gemeinsam ein Stück Hamburger Hip-Hop-Geschichte
feiern!
3 Apr 2025
## AUTOREN
Robert Matthies
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