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# taz.de -- Ole Nymoen über Militär und Ukraine: „Wie weit möchte man die …
> Ole Nymoen fragt im tazlab-Interview, wie viele Menschen noch sterben
> müssten, damit der Westen seinen „gerechten Frieden" bekommt.
Bild: Ein russischer Soldat am „Tag des Verteidigers des Vaterlandes". Im Hin…
taz lab: Die Kriegsdienstverweigerung in der Ukraine ist seit mehr als drei
Jahren ausgesetzt. Herr Nymoen, Sie kritisieren das generelle [1][Konzept
der Kriegstüchtigkeit]. Wie könnte die Ukraine sich aber verteidigen, wenn
die Kriegsdienstverweigerung wieder eingeführt würde?
Ole Nymoen: Das ist gerade das Problem: dass jeder Staat darauf angewiesen
ist, seine Bürger eben nicht entscheiden zu lassen, ob sie bereit sind, in
den Krieg zu ziehen oder nicht. Denn ohne Gewaltfähigkeit der Staaten nach
Innen und Außen gibt es jene nicht. Man sollte sich aber nicht nur mit
einem Staat solidarisieren, sondern mit allen Menschen, die von diesen
Konflikten betroffen sind. So wie die Linkspartei letzte Woche, die auf
allen Seiten Opfer benennt. Denn auch in Russland werden die Leute
zwangsrekrutiert und diesen staatlichen Zwang kritisiere ich.
taz lab: Was spricht konkret gegen die Einführung eines Sondervermögens für
Verteidigung?
Egal, ob es über [2][Sondervermögen] oder die [3][Schuldenbremse] laufen
wird, bereits jetzt gibt Deutschland knapp elf Prozent des Bundeshaushalts
für Verteidigung aus. Wie hoch möchte man das noch treiben? Will man sagen,
jetzt werden 20, 25 Prozent allein für Kriegstüchtigkeit der Gesellschaft
ausgegeben? Da hoffe ich, dass man innerhalb der Linken eine Position
dagegen einnimmt. Ich denke dabei nicht so sehr aus staatlicher
Perspektive, sondern aus derer, die am Ende diesen Krieg durchleiden
müssen.
taz lab: Was wäre denn ein gerechter Frieden für die Ukraine?
Ich habe den Eindruck, diesen Satz bringen etwa die Grünen vor, um weitere
Waffenlieferungen zu unterstützen. Damit könne man dann gut in
Verhandlungen gehen, so dass es dann ein gerechter Frieden werde. Mir wäre
schon lieb, wenn es überhaupt so etwas wie Frieden gäbe. Da müssen sich die
Leute, die sagen, sie wollen einen gerechten Frieden, schon die Frage
gefallen lassen, wie viele Zehntausend Tote sie noch bereit sind
hinzunehmen, bis ihnen die finale Grenzziehung gefällt. Die Frage finde ich
zynisch. Die werde ich mir nicht stellen, das müssen dann schon diese Leute
beantworten.
Es ist klar, dass weder die ukrainische Regierung noch eine Mehrheit der
Bevölkerung Lust auf Gebietsabtretungen hat. Trotzdem sagt laut Umfragen
eine [4][Mehrheit der Ukrainer], dass sie durchaus bereit sind, über solche
Abtretungen zu sprechen. Selbst Selenski sagt, dass man diese Gebiete
teilweise nicht zurückerobern kann. Da gibt es die Einsicht, dass Frieden,
den wir im Westen und in der Ukraine selbst für gerecht halten, nicht mehr
realistisch scheint. Mit dieser Realität muss man lernen, im Diskurs
umzugehen. Ich habe gerade nicht den Eindruck, dass das in Deutschland
passiert.
taz lab: Gibt es für Sie ein Szenario, in dem die militärische
Unterstützung für die Ukraine gerechtfertigt wäre und wenn ja, wie sieht
das Szenario aus?
Militärische Gegenwehr ist immer notwendig, wenn ein Land in einem
[5][Vernichtungskrieg] steht. Damit meine ich das, was wir in Deutschland
unter Vernichtungskrieg verstehen. In so einem Fall ginge es nicht anders,
weil da das Überleben des eigenen Staates mit dem Überleben der Person
selbst zusammenfällt. Dann gibt es als Zivilist keine Möglichkeit, sich zu
ergeben, denn man ist heillos ausgeliefert. Es gibt auch Leute, die bereits
von einem Vernichtungskrieg in der Ukraine sprechen, aber das halte ich im
historischen Vergleich für etwas abwegig.
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5 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.rowohlt.de/buch/ole-nymoen-warum-ich-niemals-fuer-mein-land-kae…
[2] /Unionsvorstoss-fuer-Sondervermoegen/!6070157
[3] /Neue-Milliardenkredite-fuer-Verteidigung/!6073833
[4] /Krieg-in-der-Ukraine/!6058244
[5] /Ukraine-Krieg-in-deutscher-Debatte/!5920615
[6] https://pretix.eu/tazlab/2025/
## AUTOREN
Kim Tadday
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