Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- das portrait: Sogar Schneewittchen erlebt Rassismus: Rachel Zegler
Wenn die Brüder Grimm geahnt hätten, was 200 Jahre später daraus gemacht
wird – Schneewittchen hieße vielleicht anders. „Hätt’ich ein Kind, so w…
wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen!“,
formuliert die Mutter im Märchen ihren Wunsch, als ihr beim Sticken drei
Blutstropfen in den Schnee tropfen.
Dieses Bild muss aktuell für menschenverachtende Anfeindungen herhalten.
Und zwar gegen Rachel Zegler, die Darstellerin des am Donnerstag
anlaufenden Disney-Realfilms „Schneewittchen“. Als Latina (ihre Mutter ist
Kolumbianerin) sei sie nicht „weiß genug“ für die Rolle, hatte es seit
Bekanntgabe der Besetzung vor vier Jahren immer wieder geheißen.
Abgesehen vom blanken Rassismus, ist das absurd, weil die 23-jährige
Sängerin und Schauspielerin dem klassischen Disney-Schneewittchen wie aus
dem zweidimensionalen Gesicht geschnitten scheint: Zegler sieht im Film aus
wie die Zeichentrickfigur von 1937. Wenn das neue Schneewittchen durch den
Wald stromert oder den Prinzen (der in dieser Auflage kein Prinz, sondern
ein charmanter Dieb ist) ansingt, bewegt sich kein ebenholzschwarzes Haar –
so wie auch in Zeichentrickfilmen.
Die aus New Jersey stammende Zegler, die sich schon mit 20 stimmstark durch
Spielbergs Neuadaption der „West Side Story“ trällerte, hatte mit 12 Jahren
beschlossen, Schauspielerin zu werden. Sie bezeichnet Barbra Streisand als
einen ihrer größten Einflüsse. In der Schulzeit begann sie als
Musicaldarstellerin – und nach der Schneewittchen-Promotour muss sie
schnell nach London weiter, weil sie im renommierten West End Theatre die
Titelrolle der Eva Perón in der Neuauflage des Musicals „Evita“ spielen
wird.
Vermutlich ist es ihr ganz recht, den problembehafteten Prinzessinnenumhang
direkt wieder abzulegen: Die Diskussion über Disneys nächstes großes
Familiending schien von Anfang an vergiftet vom Apfel der bösen Königin.
Kurz nach den rassistischen Hasstiraden änderte Disney auch die
Grundkonstellation des Märchens: Denn bekanntlich nassauert Schneewittchen
eine Weile bei den sieben „[1][Zwergen]“. Kritik hatte es daran bereits
unter anderem von kleinwüchsigen Schauspieler:innen wie Peter Dinklage
wegen der Reproduktion von Zwergenklischees gegeben. Das hatte den
Megakonzern dazu bewegt, die Sieben lieber als „magische Kreaturen“ zu
bezeichnen und als computeranimiert darzustellen.
Mit dem 7. Oktober 2023 und mit der israelischen Schauspielerin Gal Gadot,
die die Stiefmutter spielt, sowie Rachel Zeglers offener
Palästina-Unterstützung auf Twitter gab es einen weiteren Aufreger. Zudem
lässt sich angesichts märchentypischer Frauenrollen [2][trefflich über
Sexismus streiten] beziehungsweise darüber, ob eine angeblich zu starke
„Wokeness“ des Films genau das zu verhindern versucht. Kurz vor Filmstart
scheint die Disney-Kutsche (mit Rachel Zegler in der Kabine) jedenfalls so
tief in den Graben gefahren zu sein, dass man sie kaum mehr herauskriegt.
Als Zegler und Gadot am letzten Samstag einträchtig und in passenden
Outfits – Zegler in einer roséfarbenen Robe im sogenannten
Prinzessinnenschnitt, Gadot in kühlem Schwarz – über den roten Teppich in
Hollywood schwebten, versuchte man, zumindest die Premiere [3][zu etwas
märchenhaft Friedlichem] zu machen. Journalist:innen wurden kaum
zugelassen, Besucher:innen von Disney vorausgewählt. Allerdings könnte
die Atmosphäre trotzdem vergiftet gewesen sein. Denn drinnen gab es
„Appletinis“. Jenni Zylka
19 Mar 2025
## LINKS
[1] /!5949212&SuchRahmen=Print
[2] /!5888999&SuchRahmen=Print
[3] /!5057148&SuchRahmen=Print
## AUTOREN
Jenni Zylka
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.