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# taz.de -- berliner szenen: Da hilft nur Rambazamba
Es ist sieben Uhr. Ich stehe am S-Bahnhof Westhafen und die Bahn kommt
nicht. Wieder mal habe ich einer Info-Anzeige vertraut, die stoisch
behauptet, die S-Bahn komme in einer Minute. Die Zeit aber bleibt nicht
stehen, zehn Minuten schon stehe ich am Bahnsteig, und es wird eng, wenn
ich noch pünktlich ins Rambazamba Theater kommen will. Also rase ich runter
in den U-Bahnhof, steige zweimal um, bis ich in der M10 sitze und weiß, ich
komme zu spät. Irgendwann muss ich grinsen: denn das Rambazamba widmet
seine neueste Produktion dem ÖPNV. Und genau dieser ÖPNV pfeift drauf und
organisiert eine maximal dysfunktionale Anreise. Die Rambazamba-Sause ist
schon in vollem Gange, als ich endlich ankomme.
„Mord im Regionalexpress“ ist ein echt genialer Titel, denke ich. Die
Holzkonstruktion, die ein Waggon sein soll, dreht sich, alle kreischen, und
dann ist die Leiche weg. Und ein kollektives Nachdenken über den Sinn des
Lebens und des ÖPNV beginnt. Der ÖPNV wird komplett abgekoppelt vom „A nach
B“-Denken. Alle auf der Bühne haben das Deutschland-Ticket und sind
überzeugt: „Es gibt keine falsche Richtung, es dauert nur länger.“
Tiefenentspannung hoch zehn, das kann dieses Land momentan echt gut
brauchen, denke ich und stelle glücklich fest: Der Pollesch-Geist ist ein
Jahr nach seinem Tod definitiv ins Rambazamba-Ensemble gefahren. Milan
Peschel, Pollesch-Schauspieler und Rambazamba-Regisseur, ist wahrscheinlich
das Medium.
Ich möchte, dass dieses scheuklappenfreie, laute Nachdenken ewig
weitergeht. Denn es ist die beste Medizin in der aktuellen politischen
Situation. Und dann sitze ich in der S-Bahn. Ich schaue mich um. Leise
summe ich die ÖPNV-Hymne der Rambazambas: Hier gibt es die Suche nach dem
Sinn des Lebens. Real, kollektiv, analog. Katja Kollmann
10 Mar 2025
## AUTOREN
Katja Kollmann
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