# taz.de -- Bildung führt heraus aus der Armut | |
> „Schattenbericht“ zeigt, wie weit Armut verbreitet ist. Es brauche einen | |
> proaktiven Sozialstaat | |
Von David Honold | |
Armut und die damit einhergehende Ausgrenzung sind für Millionen Menschen | |
in Deutschland Alltag. Das stellt der „Schattenbericht: Armut in | |
Deutschland“ fest, der von der Nationalen Armutskonferenz am Montag in | |
Berlin vorgestellt wurde. 2022 gab es demnach fast 18 Millionen Betroffene. | |
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Rüdiger Schuch, beklagte, dass die | |
aktuelle Debatte um den Sozialstaat durch Populismus und Unsachlichkeit | |
geprägt sei. | |
Der „Schattenbericht“ betont die Ausgrenzung armer Menschen unter Verweis | |
auf Zahlen des Statistischen Bundesamts und verschiedene wissenschaftlicher | |
Studien. Gedacht ist das Papier als Gegengewicht zum jährlichen | |
Armutsbericht der Bundesregierung, der in diesem Jahr wegen der | |
Bundestagswahl aber ohnehin nicht erscheint. | |
Armut sei nicht nur ein gesellschaftliches Versagen, sondern fordere auch | |
enorme Kosten für die Wirtschaft, erklärte Marcel Fratzscher vom Deutschen | |
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Nötig sei ein „proaktiver | |
Sozialstaat“, der mehr Vorsorge leistet, damit weniger Menschen in Armut | |
geraten oder ihr entfliehen können. Konkret gehe es dabei um zusätzliche | |
Qualifizierungen von Menschen für den Arbeitsmarkt und eine bessere | |
Gesundheitsvorsorge. Zu viele Sozialsysteme würden derzeit erst greifen, | |
wenn Menschen krank und arbeitslos werden, so Fratzscher. | |
Insbesondere durch Bildung könne erreicht werden, dass die Vererbung von | |
Armut verhindert wird. Laut Bericht sind fast 26 Prozent der Menschen mit | |
niedrigem Bildungsstand von Armut bedroht. Bei den Menschen mit hohem | |
Bildungsabschluss sind es nur knapp 8 Prozent. Fratzscher fordert neben | |
einer Kindergrundsicherung eine bessere Verfügbarkeit und Qualität der | |
frühkindlichen Bildung in Kitas und eine bessere Betreuung in Schulen, zum | |
Beispiel in Form von Ganztagsschulen. „Armutsbekämpfung kostet kurzfristig | |
viel Geld, wird sich aber langfristig für den Staat rechnen“. | |
Die Nationale Armutskonferenz ist ein Bündnis von Wohlfahrtsverbänden, | |
Gewerkschaften und Selbsthilfeorganisationen. Aber nicht nur die Verbände, | |
auch Armutsbetroffene selbst haben am „Schattenbericht“ mitgewirkt. „Leben | |
in Armut bedeutet, täglich bittere Entscheidungen treffen zu müssen: | |
Brauche ich Hustensaft oder ist die Hose kaputt, muss ich auf Essen | |
verzichten. Jeden Tag ausprobieren: Wo muss ich heute sparen? Was kann ich | |
nicht kaufen, obwohl ich es dringend brauche? Das erschöpft und macht | |
mürbe“, berichtet eine Person etwa. Es gehe dabei um die sogenannte | |
strukturelle Gewalt: Ständig erlebten sie im Alltag, wie Armut einschränke. | |
Im Bericht wird außerdem noch gefordert, den Zugang zu sozialen Leistungen | |
zu vereinfachen und zu entstigmatisieren. Soziale Investitionen in Kinder | |
und Jugendliche sollen in öffentlichen Haushaltsführungen als | |
Zukunftsinvestition und nicht als Ausgabe gewertet werden. | |
28 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
David Honold | |
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