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# taz.de -- Waffen und Bürgergeld als wichtigste Themen
> In der Ukraine beobachtet man aufmerksam die Bundestagswahlen. Hoffen auf
> Schwarz-Grün
Aus Luzk Juri Konkewitsch
Dass Olaf Scholz bei seinem Besuch in Kyjiw am 2. Dezember seinen Koffer
wie immer selber trug, war an jenem Tag Topthema in den ukrainischen
Medien. Die Aufmerksamkeit für dieses Detail zeigt, wie genau die Ukrainer
die deutsche Politik beobachten. Die Bundestagswahlen sind für sie fast wie
„ihre eigenen“.
Was nicht erstaunlich ist. Denn seit Kriegsbeginn 2022 sind mehr als 1,1
Millionen Ukrainer nach Deutschland gekommen. Und Deutschland hat der
Ukraine mittlerweile militärische Unterstützung von über 11 Milliarden Euro
gewährt. Übertroffen dabei nur von den USA. Aktuell von Brisanz sind die
zusätzlichen 3 Milliarden Euro, die Kanzler Scholz der Ukraine inmitten des
nicht genehmigten Haushalts angeblich nicht zur Verfügung stellen will,
sowie Elon Musks AfD-Unterstützung.
Darum erstaunt es nicht, dass sich die Einstellung der Ukraine zum
deutschen Bundeskanzler im Laufe des vergangenen Jahres verschlechtert hat.
„Jeder vierte Ukrainer ist enttäuscht von den Staatschefs der Länder, die
die Ukraine in absoluten Zahlen am meisten unterstützen, durch die Angst
vor Russland allerdings in ihren Entscheidungen spürbar gelähmt sind“,
kommentierte das New Europe Center aus Kyjiw seine Umfrageergebnisse.
Viktor Savinok, führender Analyst des Instytut Zachodni im polnischen
Poznan meint, dass Ukrainer und Deutsche weiterhin in unterschiedlichen
Realitäten denken. „Wir haben schnell vergessen, dass Deutschland seinen
‚heiligen‘ Grundsatz aufgegeben hat, keine Waffen in Kriegsgebiete zu
liefern“, so Savinok. Bis heute danken die Ukrainer Deutschland für seine
Hilfe, und kritisieren es gleichzeitig dafür, zu langsam und zu wenig zu
tun. Von einer Nation, die um ihr Existenzrecht kämpft, könne man aber auch
kaum etwas anderes erwarten, meint Savinok. „Die Kriegsrealität erfordert
mehr und schnellere Hilfe. Trotz der bereits zur Verfügung gestellten
Panzer und Flugabwehrsysteme.“
Neben der Frage nach Hilfe und der Haltung Berlins zum Nato-Beitritt der
Ukraine verfolgt man in Kyjiw auch die deutsche Flüchtlingspolitik
aufmerksam. „Vermutlich wird die neue Regierung versuchen, das Bürgergeld
für Ukrainer, die keine Arbeit aufnehmen, zu kürzen“, sagte Savinok unter
Berufung auf Äußerungen von CDU-Politikern.
Offiziell unterstützt Kyjiw natürlich keine der Parteien bei der
Bundestagswahl. Aber in Expertenkreisen sieht man eine Koalition aus
CDU/CSU und den Grünen als idealste für die Ukraine. Für Kyjiw besonders
wichtig sind dabei die zukünftigen Minister für Verteidigung und
Außenpolitik. „Das sollten Leute sein, die die Bedürfnisse der Ukraine
verstehen und die sie konsequent unterstützt haben. Friedrich Merz’
Position wird stärker sein, wenn Deutschland einen Nationalen
Sicherheitsrat einrichtet. Aber die Ukrainer müssen wissen, dass auch beim
wahrscheinlichen Wahlsieger, der CDU/CSU, die Ukraine-Frage kontinuierlich
diskutiert wird. So ist Markus Söder zum Beispiel solidarisch mit Olaf
Scholz in Bezug auf Taurus und die Nato“, so Savinok.
Ein neuer ukrainischer Botschafter in Berlin wird wahrscheinlich in einen
Dialog mit der neuen deutschen Regierung gehen. Ukrainische Medien sowie
die BILD-Zeitung hatten Ende 2024 berichtet, Selenskyj plane, Botschafter
Oleksij Makejew durch den derzeitigen ukrainischen Botschafter in Israel,
Jewhen Kornijtschuk, zu ersetzen. Diese Information wurde bislang nicht
bestätigt.
Aus dem Ukrainischen Gaby Coldewey
24 Jan 2025
## AUTOREN
Juri Konkewitsch
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