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# taz.de -- momentaufnahmen: Wenn noch Zeichen und Wunder geschehen
Auch ohne Schnee tut der abendliche Weihnachtsspaziergang seinen Zweck:
Lust zu machen, bald wieder reinzugehen. Linker Hand liegt schwarz der See,
rechts drücken sich verwaiste Ferienhäuser an den Deich, auf dem unser Weg
entlang führt. Vom kleinen Hafen ist im Winter nicht viel zu sehen. Boote
gibt es keine, sogar der Steg wurde abgebaut. An einem Mülleimer klebt ein
neuer AfD-Aufkleber. Ich pule ein bisschen dran, gebe aber bald auf.
Weiter hinten in der Touri-Siedlung strahlt dann doch noch eine einzelne
erleuchtete Fensterfront zum Wasser. Von hier oben ist ein geschmückter
Tannenbaum zu sehen – und sogar Kinder mit Geschenken. Heilig Abend ist
längst vorbei, aber vielleicht ist das eine Zweitbescherung mit Oma und Opa
oder so? Plötzlich knirscht der Kiesweg, als eine einsame Gestalt in rotem
Mantel durch den Nieselregen eilt. Ohne Scheiß: Hinter uns huscht der
Weihnachtsmann auf den Deich, zündet sich eine Zigarette an und
verschwindet nach ein paar Zügen in Richtung Parkplatz.
Auch wir drehen bald wieder um, uns ist jetzt kalt genug. Beim
Nazimülleimer, wo eben noch der rauchende Santa stand, will ich’s doch noch
mal versuchen. Aber der Aufkleber ist spurlos verschwunden. Einfach so.
Jan-Paul Koopmann
28 Dec 2024
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
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