# taz.de -- klimakonferenz: Wer soll das noch bezahlen? | |
> Bisher müssen allein westliche Industriestaaten Geld gegen den | |
> Klimawandel bereitstellen. Bei der Klimakonferenz in Baku geht es um neue | |
> Finanzierungsziele – und damit auch um die Verpflichtung Chinas | |
Von Christian Mihatsch | |
Klimaneutralität bis 2050: Diese Marke ist wohl entscheidend, um die Ziele | |
des Pariser Abkommens zu erreichen. Der Finanzbedarf, um die globalen | |
CO2-Emissionen bis dahin auf netto null zu senken, ist enorm. Das zeigt die | |
Studie einer von der UN-Klimakonferenz (COP) beauftragten Expertengruppe: | |
Allein in den Entwicklungsländern (ohne China) müssten ab 2030 jährlich | |
2.400 Milliarden Dollar investiert werden. Ein Teil davon könnte aus | |
privatem Kapital stammen, etwa Investitionen in Wind- und Solarparks. Ein | |
weiterer Teil sind eigene Mittel der jeweiligen Länder. | |
Reichen wird das nicht: Reichere Länder müssen ärmeren Ländern finanziell | |
beim Kampf gegen die Klimakrise und die Anpassung an deren Folgen helfen. | |
Aktuell „mobilisieren“ die Industriestaaten dazu jährlich 100 Milliarden | |
Dollar. Bei der COP in Baku soll nun ein neues Finanzziel vereinbart | |
werden. | |
Die Frage ist, wer in Zukunft Klimagelder bereitstellen soll. Bislang waren | |
alleine 24 westliche Industriestaaten dazu verpflichtet. Doch seit | |
Verabschiedung der UN-Klimakonvention im Jahr 1992 hat sich die Welt | |
verändert. Der britische Thinktank ODI hat nachgerechnet, welche | |
„Entwicklungsländer“ ein höheres Pro-Kopf-Einkommen und höhere | |
Pro-Kopf-Emissionen haben als fünf Industriestaaten und kommt zum Schluss: | |
„Es gibt klare Gründe dafür, dass Israel, Katar und Singapur mit der | |
Klimafinanzierung beginnen sollten.“ Auffallend sei, dass sich China nach | |
den Kriterien nicht qualifiziert. | |
In der Tat hat China mittlerweile die höchsten CO2-Emissionen von allen | |
Ländern und die Pro-Kopf-Emissionen sind in China höher als in der EU. Doch | |
warum kommt ODI zum gegenteiligen Schluss? Der Grund ist simpel: Sowohl die | |
Wirtschaftskraft als auch die Emissionen werden auf Chinas riesige | |
Bevölkerung verteilt. Der Faktor „Bevölkerung wird doppelt gezählt zu | |
Chinas Vorteil“ kritisiert daher eine Studie des US-Thinktanks CDG. „Es | |
erscheint als unangemessen, das Pro-Kopf-Einkommen und die | |
Pro-Kopf-Emissionen zu benutzen“, wenn man ausrechnet, welche Länder wie | |
viel an Klimafinanzierung leisten sollten. | |
CDG nutzt daher die totalen Emissionen der Länder seit 1979 und das | |
aktuelle Pro-Kopf-Einkommen, um den „fairen Anteil“ eines Landes an der | |
Klimafinanzierung zu ermitteln. Und siehe da: China liegt nun auf Platz 2 | |
derjenigen Länder, die gemäß Verursacherprinzip (Emissionen) und | |
Leistungsfähigkeit (Einkommen) Klimahilfen bereitstellen sollten. Angeführt | |
wird die Liste von den USA. Diese sollten rechnerisch knapp 47 Prozent | |
aller Klimahilfen zahlen. Dann kommt China mit knapp acht Prozent. Japan (6 | |
Prozent), Deutschland (5,8 Prozent) und Kanada (3,1 Prozent) runden die Top | |
5 ab. | |
Die CDG-Analyse zeigt allerdings auch, dass sich die Welt seit 1992 nicht | |
fundamental geändert hat: Über alle Länder gerechnet, liegt der „faire | |
Anteil“ der klassischen Industriestaaten an der Klimafinanzierung noch | |
immer bei 77 Prozent, obwohl diese nur 12 Prozent der Weltbevölkerung | |
ausmachen. Die Tatsache, dass diese durch die Nutzung fossiler Energien | |
früh reich geworden sind, macht sich also noch immer bemerkbar, sowohl bei | |
den Emissionen als auch beim Einkommen. Die Verhandlungen in Baku über die | |
Klimafinanzierung werden dadurch nicht einfacher, denn von wenigen | |
Ausnahmen abgesehen sind die meisten Entwicklungsländer noch immer zu arm | |
und hinsichtlich der Emissionen zu unbedeutend, um von ihnen Klimazahlungen | |
zu verlangen. Umgekehrt können westliche Politiker kaum einem neuen | |
Finanzziel zustimmen, das Länder wie China nicht in die Pflicht nimmt. | |
11 Nov 2024 | |
## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |