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# taz.de -- das wird: „Ich male so, wie man denkt und durchs Leben geht“
> Der Maler Dieter Glasmacher zeigt in Hamburg, wie man den Humor ins Bild
> bekommt
Interview Frank Keil
taz: Herr Glasmacher, Ihre Ausstellung hat den Titel: „Das muss geübt
werden. Oben – Unten“. Was muss geübt werden?
Dieter Glasmacher: Unser Zusammenleben muss geübt werden. Und als Künstler
musst du auch ein bisschen üben. Und dann ist die Frage: Was gehört oben
auf die Leinwand und was gehört unten auf die Leinwand, dass man ein gutes
Bild malt.
taz: Die Aufforderung zu üben, ist das auch Unmut, dass heute vieles
einfach so rausgehauen wird?
Glasmacher: Oh ja! Speziell, wenn ich unsere Neuen Medien schaue: Da kann
jeder mitmachen, weil die Formen, die einem geboten werden, sind ja
wunderbar! Nur wenn man nun den Text, den man zum Beispiel mit seinem Handy
auf Instagram postet, mit der Hand schreibt oder man würde die Fotos vorher
selbst entwickeln, bevor man sie einstellt, dann würde man merken: ‚Das ist
ja Mist! Was soll das? Das lassen wir mal lieber!‘ Vieles geschieht ohne
Übung und auch ohne Wissen. Viele, die heute etwas machen, haben oft auch
keine Ahnung, dass das alles schon gemacht worden ist, vor 60, 70 oder 80
Jahren. Daran will ich mich nicht beteiligen. Ich will versuchen gute
Malerei zu machen. Und das heißt jeden Tag von neuem: üben.
taz: Was hat Sie als Maler geprägt?
Glasmacher: Als Kunststudent in den 1960er-Jahren fand ich immer
interessant, was die Leute in irgendwelchen Schmuddelkneipen auf der
Reeperbahn an die Wände geschrieben haben: „Ich liebe dich“ oder „Mir ge…
es schlecht“ oder „Hilfe!“ und dann die Telefonnummer. Warum teilt sich
hier jemand mit? Einfach so auf einer Wand! Dazu diese hilflosen
Zeichnungen, die mich immer sehr angeregt haben. Das war für mich Street
Art und Wall Painting. Was heute so genannt wird, ist ja nur Malerei
draußen. Was mich auch inspiriert hat, waren die Bilder der Gruppe Cobra,
die Arbeiten von Jean Dubuffet – wobei der für mich heute mehr was von
Micky Mouse hat. Und dann: die Bilder von Meister Bertram und Meister
Franke! Ich hoffe, sie hängen noch in der Hamburger Kunsthalle.
taz: Mittelalterliche Malerei …
Glasmacher: Das sind wahnsinnig moderne Bilder! Die Hintergründe oft mit
Sternen und Streifen gemustert, darauf sind Figuren verteilt und dann:
Schrift! Wunderbar!
taz: Ihre Bilder haben meist etwas von Bildtafeln. Wie gehen Sie beim Malen
vor?
Glasmacher: Ich habe ein Archiv, mit Tausenden von Blättern, ein kleiner
Teil ist übrigens ausgestellt. Oft benutze ich Fotos aus Illustrierten und
da aus billigen Blättchen, wo die Fotos nicht so genau sind, sodass man
durch die Fehldrucke angeregt wird, eine Art andere Farbigkeit zu wählen.
Und dann ist da die leere Leinwand, nix ist drauf, und ich male vielleicht
eine rote Figur. Dann sehe ich die Buchstabenzeile ‚Schnippschnapp‘ oder
die Überschrift ‚Das rote A in Not‘ – oh, das würde passen. Und ich
überlege: Wo kann das hinkommen? Vielleicht ist da noch ein Foto von einem
Bienenstock, dann fange ich an, den zu malen, den zu verändern, treffe dann
auf ein Muster, auf eine Figur, die raucht. Und so baut sich das Bild
langsam auf, und das Bild, das entsteht, entfernt sich immer mehr vom
Material. Im Grunde male ich so, wie man denkt, wie man guckt, wie man
durchs Leben geht.
taz: Immer wieder kann man Bezüge zu Joseph Beuys entdecken …
Glasmacher:Von ihm habe ich, dass man den Humor ins Bild bringen sollte.
Das passiert ja in der Kunst nicht oft, außer bei Karikaturen. Meine Bilder
sind sehr lustig, obwohl sie das gar nicht sind. Und das ist Absicht.
Mittlerweile gibt es viele Wandbilder, es gibt alles Mögliche, alles
zusammengeklaut und man denkt: Das kenne ich doch. Bei meinen Bildern hoffe
ich, dass das alles selbsterfunden ist.
9 Oct 2024
## AUTOREN
Frank Keil
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