# taz.de -- das wird: „Parkinson hat mich nicht fest im Griff“ | |
> In „Kater der Zukunft“ spielt Hans-Jörg Frey einen Schauspieler mit | |
> Parkinson. Bei ihm selbst wurde die Krankheit vor sechs Jahren | |
> diagnostiziert | |
Interview Katrin Ullmann | |
taz: Hans-Jörg Frey, Sie stehen seit 45 Jahren auf der Theaterbühne, vor | |
sechs Jahren wurde bei Ihnen Parkinson diagnostiziert. Wie viel eigene | |
Biografie steckt in dem Stück? | |
Hans-Jörg Frey: Sehr viel. Gerade, wenn du so lange in der Theatermaschine | |
gesteckt hast mit all ihren Absurditäten. Natürlich geht es auch um die | |
Krankheit Parkinson. Es gab vor den Proben Gespräche, ein gemeinsames | |
Herumspielen mit Themen, aus denen zum Probenbeginn der Text von Brigitte | |
Helbling entstand. | |
Niklaus Helbing, Sie haben das Stück inszeniert. Worum geht es? | |
Niklaus Helbling: Das Grundthema ist das Theater. Was es mit den Körpern | |
macht und was es kann. Die Geschichte ist, dass der ältere Schauspieler | |
Kater sich zwei jüngere Schauspielerinnen ins Haus holt, die ihm, der durch | |
Parkinson eingeschränkt ist, helfen sollen. Dafür bildet er sie zu | |
Betrügerinnen aus. Sie lernen von ihm und er von ihnen: Das ist für mich | |
schon auch eine Theaterutopie. Sie reden darüber, was das Theater mit ihnen | |
gemacht hat: süchtig, euphorisch, verletzt, allmächtig und beleidigt. Und | |
später sieht man das Trio auf einer Mission – wie es von der göttlichen | |
Macht des Theaters gestreift wird. Ich verstehe Theater als Kunst der | |
vereinten Kräfte. Das ist für mich das Wichtigste: dass man mit Freunden | |
Sachen macht, schöne Sachen. | |
taz: Haben Sie aufgrund der Diagnose anders geprobt? | |
Frey: Von der Herangehensweise gab es keinen wirklichen Unterschied. Eine | |
gewisse Theaterkörperlichkeit kann ich bei mir immer noch abrufen. | |
Natürlich sind meine Antennen inzwischen anders ausgefahren. Doch gerade im | |
Zusammenhang mit der Krankheit kommt es mir zugute, dass ich immer ein | |
Bewegungsfuzzi war. Meine Mitspielerinnen Antonia Labs und Nica Heru und | |
ich waren bei dieser Arbeit total frei. Das ist sehr angenehm. Ich empfinde | |
es als unglaubliches Glück, das hier machen zu können. | |
taz: Ist die Lust auf das Spiel größer als die Scheu, zu viel von sich | |
selbst preiszugeben? | |
Frey: Parkinson ist mein Untermieter. Er hat mich nicht fest im Griff. | |
Manchmal, nach Proben oder Stresssituationen, habe ich den Eindruck, dass | |
der Tremor stärker wird, manchmal merke ich eine Unsicherheit im | |
Gleichgewicht. Aber das darf man sehen. Das ist einfach so! Und alles | |
andere, das Textlernen, das Spielen, die Bewegung: Das ist für mich eine | |
Win-Win-Situation | |
taz: Der schmale Grat bei Ihrer Unternehmung ist, etwas über Biografien und | |
auch über eine Krankheit zu erzählen, ohne bei den Zuschauer*innen | |
Mitleid zu erzeugen. Wie gelingt das? | |
Helbling: Die Biografien sind fiktiv, die Erzählweise ist groß. Mitleid ist | |
nicht der Punkt. In dem Stück schaut man Schauspieler:innen bei der | |
Arbeit zu; und das ist zuallererst ein Genuss. | |
Frey: Du musst auf der Bühne Spaß haben. Wenn Du Spaß hast, wird dich | |
keiner bemitleiden. | |
taz: Und wo ist der Unterschied zu inklusivem Theater? | |
Helbling: Das inklusive Theater öffnet den Blick auf Körperlichkeiten, die | |
im Theater bisher kaum zu sehen waren. Das ist wichtig, oft auch berührend | |
und im Kontext ihrer Geschichten erhellend. In unserem Fall geht es aber | |
weniger um diesen Prozess, sondern um Fiktion auf der Bühne mit drei | |
Figuren: eine Theateranfängerin, eine Spielerin mit über zehn Jahren | |
Theatererfahrung und ein gestandener Schauspieler, dessen Körper gerade | |
dabei ist, ihn vor neue, ungewohnte Herausforderungen zu stellen. | |
25 Sep 2024 | |
## AUTOREN | |
Katrin Ullmann | |
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