# taz.de -- das wird: „Die Schulden-ist eine Zukunftsbremse“ | |
> Wie wir in Zukunft leben wollen, darüber wird morgen in Lüneburg | |
> diskutiert. Für Rifka Lambrecht ist die Finanzpolitik der Schlüssel | |
Interview Jonas Kähler | |
taz: Klima, Krieg, Rechtsextremismus, wachsende soziale Ungleichheit: | |
Schauen Sie hoffnungsvoll in die Zukunft, Frau Lambrecht? | |
Rifka Lambrecht: Auf persönlicher Ebene fällt mir das schon schwer. Junge | |
Leute sind von diesen Krisen am stärksten betroffen, haben aber am | |
wenigsten Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der Lösungen. Das löst auch | |
ein Ohnmachtsgefühl aus. Das Krisenmanagement findet in der Regierung | |
statt, dann wird von Generationengerechtigkeit geredet, aber letztendlich | |
wurde kein einziger junger Mensch dazu befragt. Die aktuelle Politik wird | |
den Krisen aber eben auch nicht gerecht. Die Investitionsbedarfe für | |
Klimaschutz, Bildung und soziale Gerechtigkeit können wir mit der | |
Schuldenbremse, wie sie aktuell besteht, nicht tätigen. Es fehlt in großen | |
Teilen der politischen Entscheidungsträger:innen aber die | |
Bereitschaft, diese zu verändern. | |
taz: Macht Ihnen auch etwas Hoffnung? | |
Lambrecht: Auf einer beruflichen oder aktivistischen Ebene finde ich es ein | |
Stück weit leichter: Dort merke ich immer wieder, dass es Menschen gibt, | |
die konstruktive Lösungsvorschläge haben. Und total viele Möglichkeiten, | |
die notwendige soziale und ökologische Transformation auszugestalten. Das | |
gibt mir dann wieder Hoffnung – und Antrieb weiterzukämpfen. | |
taz: Sie waren in der Klimaschutzbewegung aktiv, setzen sich für | |
Generationengerechtigkeit ein und kämpfen jetzt für eine zukunftsfähige | |
Finanzpolitik. Wie hängen diese Themen zusammen? | |
Lambrecht: Mir ist im Klimaaktivismus immer wieder bewusst geworden, dass | |
man letztendlich immer bei der Finanzierungsfrage endet. Dort treffen sich | |
eigentlich alle Fragen der generationengerechten, zukunftsfähigen Politik. | |
Gleichzeitig haben wir noch eine Ungleichheitsdynamik: Wir wissen, dass die | |
vermögendsten Menschen auch die größten Klimaschäden verursachen, aber am | |
wenigsten von der Klimakrise betroffen sind; die ärmsten Bevölkerungsteile | |
unserer Welt leiden am stärksten unter den Klimafolgen. Diese Ungleichheit | |
hat einen enormen ökonomischen Aspekt, der nur durch Veränderungen in | |
unserer Steuer- und Finanzpolitik angegangen werden kann. | |
taz: Finanzpolitik als Querschnittsthema für eine lebenswerte Zukunft? | |
Lambrecht: Es braucht unbedingt Zukunftsinvestitionen. Einmal um die marode | |
Infrastruktur in Deutschland wieder zu sanieren, aber vor allem auch, um | |
die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft voranzutreiben. | |
Laut einer Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung | |
und dem Institut der deutschen Wirtschaft gibt es einen Investitionsbedarf | |
von 600 Millionen innerhalb der nächsten zehn Jahre. | |
taz: Viel Geld. | |
Lambrecht: Ein enormer Batzen Geld, den wir mit unserer Schuldenbremse | |
überhaupt nicht investieren können. Letztendlich ist sie eine Investitions- | |
und Zukunftsbremse. Dann haben wir auf der anderen Seite die Steuerpolitik: | |
Es bräuchte eine höhere Besteuerung von Vermögen, zum Beispiel bei den | |
Erbschaften, um der wachsenden Ungleichheit in Deutschland etwas | |
entgegenzusetzen. Es gibt so viele Werkzeuge, die eigentlich schon auf dem | |
Tisch liegen und nur umgesetzt werden müssten. | |
taz: Forderungen, die auch oft aus der institutionellen Politik zu hören | |
sind. | |
Lambrecht: Ich denke, es braucht den Druck von beiden Seiten. Wenn man sich | |
die Geschichte anschaut, gab es massive gesellschaftliche Veränderungen | |
immer durch Protestbewegungen. Es hat nie ausgereicht, sich auf | |
Institutionen zu verlassen und ich denke, das lässt sich auch auf heute | |
übertragen. | |
12 Aug 2024 | |
## AUTOREN | |
Jonas Kähler | |
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