# taz.de -- das wird: „So ein Konzern trägt besondere Verantwortung“ | |
> Warum Aktivist:innen gegen einen Tönnies-Schlachthof demonstrieren | |
Interview Alexander Diehl | |
taz: Franziska Klein, was ist so problematisch am Fleischkonzern Tönnies? | |
Franziska Klein: Er steht für uns symbolisch für die katastrophalen | |
Auswirkungen der Tierindustrie, als einer der Big Player auf dem deutschen | |
Fleischmarkt. Wir kritisieren ganz konkret einerseits das Leid der Tiere. | |
Aber auch, und das ist ja auch kein Geheimnis, die Arbeitsbedingungen in | |
den Schlachtfabriken und anderen Einrichtungen der Tierindustrie. Und | |
schließlich: die kolonialen Strukturen, die dahinterstecken und die | |
Auswirkungen auf unser Klima. | |
Kolonial inwiefern? | |
Die Futtermittel werden im Globalen Süden angebaut, und dafür wird auch | |
Regenwald abgeholzt. | |
Tönnies ist also ganz konkret Objekt, steht aber auch für das größere | |
schlimme Ganze. | |
Genau. Wir sagen: Wir müssen die ganze Tierindustrie abschaffen und das | |
Ernährungssystem ändern. Durch die Monopolisierung, genau genommen haben | |
wir hier ein Oligopol, hat die Fleischindustrie, hat so ein mächtiger | |
Konzern eine besondere Verantwortung – und einen besonderen Einfluss auf | |
die Strukturen in der Branche insgesamt. | |
Kritik wird an Tönnies schon länger geäußert. Wie geht der Konzern damit | |
um? | |
Wie wir alle wissen, kommt er aus den Schlagzeilen nicht raus. Seien es die | |
Corona-Ausbrüche unter Beschäftigten, die Falschetikettierung von | |
Fleischwaren, sei es die noch bis vor Kurzem gehegte langjährige | |
Freundschaft des Inhabers mit Vladimir Putin. Gegen seine | |
Kritiker:innen geht Tönnies gerne sehr repressiv vor, da gibt es eine | |
Anwaltskanzlei, die einstweilige Verfügungen und Unterlassungsklagen | |
rausschickt – auch gegen Medien übrigens. Als befreundete | |
Aktivist:innen einmal den Schlachthof besetzt haben, bekamen sie eine | |
Schadensersatzforderung auf den Tisch. | |
Was plant ihr am kommenden Samstag in Kellinghusen? | |
Eine große Demonstration, wir erwarten bis zu 200 Personen. Wir werden uns | |
im Zentrum von Kellinghusen treffen, sozusagen – ist ja ein kleiner Ort – | |
und gehen dann zusammen und lautstark zum Schlachthof. Den hat Tönnies vor | |
einigen Jahren aufgekauft. Wir haben Redebeiträge vorbereitet zu | |
Neokolonialismus und Futtermittelanbau, zur Tierethik, zum Arbeitsrecht und | |
der Situation der Schlachthof-Arbeiter:innen. Auch zum Thema | |
Fleischindustrie – und wie sie, denken wir, abgeschafft werden kann. Es | |
sind ja politische Entscheidungen, welche Lebensmittel subventioniert | |
werden. Wir fordern eine andere Subventionspolitik: zugunsten nachhaltiger, | |
ökologischer und – angesichts der Auswirkungen der Fleischindustrie – | |
pflanzenbasierter Ernährung. | |
Und was passiert heute Abend? | |
Da gibt es einen kleinen Vortrag dazu, warum wir als Bündnis uns dieses | |
Thema ausgesucht haben, auch ein paar Informationen zum Unternehmen | |
Tönnies. Es gibt ein bisschen was zu essen, Kuchen und Fingerfood – und wer | |
Lust hat, kann Schilder und andere Demo-Materialien basteln und sich eigene | |
Sprüche überlegen, damit wir unsere Forderungen am Samstag sozusagen auch | |
visuell vortragen können. | |
Wenn ihr es mit Tönnies mit einem auch mal klagefreudigen Kontrahenten zu | |
tun habt: Müssen Demo-Schilder vorher nochmal juristisch begutachtet | |
werden? | |
Wir finden, die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Gut, das endet bei | |
diskriminierenden oder menschenfeindlichen Aussagen. Aber was unseren | |
Werten nicht widerspricht, darf auch auf Schildern stehen. Und falls | |
tatsächlich was nachkommen sollte: Wir lassen damit dann niemanden allein. | |
10 Jun 2024 | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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