# taz.de -- Der typische Vibe | |
> Seit 13 Jahren steht das Festival „Down by the River“ dafür, dass es hier | |
> immer etwas Neues und Interessantes zu entdecken gibt. Am Samstag war es | |
> wieder so weit, diesmal im About Blank | |
Bild: Auf der Bühne stehen die Shybits. Sie kommen aus England, Italien und S�… | |
Von Andreas Hartmann | |
Irgendwo im Gebüsch auf einer der vielen Sitzbänke abhängen, eine Limo | |
schlürfen und bei astreinem Kaiserwetter einer Indieband nach der anderen | |
lauschen – so entspannt wie beim „Down by the River“ geht es auf keinem | |
anderen Festival in Berlin zu. Auch bei seiner dreizehnten Ausgabe zeigte | |
die Veranstaltung wieder, dass es immer noch möglich ist, ein Musikfestival | |
auf die Beine zu stellen, das mit den Lollapaloozas und Coachellas dieser | |
Welt so gar nichts zu tun hat. Statt Gigantismus und ein paar bekannten | |
Headlinern, die die Leute zum Kauf ihrer Tickets veranlassen sollen, wurden | |
am Samstag von mittags bis abends nacheinander zehn Bands aufgefahren, bei | |
denen sich nur ganz schwer sagen ließ, welche hier ein Publikumsmagnet | |
hätte sein sollen. Weil alle ungefähr ähnlich obskur waren. | |
Aber genau dafür geht man ja auch zum „Down by the River“: Weil man weiß, | |
dass die Bands Die fitten Titten aus Wien oder Bella and the Bizarre es | |
schon bringen werden. Denn dieses Festival steht seit 13 Jahren dafür, dass | |
es hier immer etwas Neues und Interessantes zu entdecken gibt. | |
Dafür bürgt auch Ran Huber mit seiner kleinen Berliner Konzertagentur am | |
STARt, der maßgeblich für das Festival verantwortlich ist. Am Anfang fand | |
es noch in der Bar 25 statt, dem längst verblichenen Club in der Nähe des | |
Ostbahnhofs, aus dem der Holzmarkt hervorging und der direkt an der Spree, | |
also an einem Fluss lag. Daher auch der Name des Festivals. Nach dem Umzug | |
in das About Blank am Ostkreuz passt der Bezug auf den bekannten Song von | |
Neil Young nicht mehr unbedingt, aber darin liegt auch ein gewisser Reiz. | |
Was Huber stark beschäftigt und wozu er sich immer wieder äußert, ist die | |
Verdrängung subkultureller Orte in Berlin. Und so verweist der Name des | |
Festivals darauf, dass es an einem Ort entstanden ist, den es heute nicht | |
mehr gibt. Dass das About Blank selbst durch den Weiterbau der Autobahn A | |
100 existenziell bedroht ist, passt nur ins Bild. | |
Huber hat gerade erst den 25. Geburtstag seiner Agentur gefeiert. Das | |
diesjährige „Down by the River“ war gewissermaßen eine weitere nachgezoge… | |
Jubiläumsparty. Der typische Am-STARt-Vibe war zu spüren. So wie bei vielen | |
der Konzerte, die Huber organisiert, konnte man als Besucher oder | |
Besucherin selbst entscheiden, ob man den spektakulär niedrigen regulären | |
Eintrittspreis oder einen Soli-Beitrag leisten wollte. Soziales Denken und | |
die Organisation eines Festivals lassen sich also miteinander vereinbaren. | |
Wobei das About Blank ein Ort ist, der ähnlich tickt. Während man vor dem | |
Betreten des Holzmarkts darauf hingewiesen wird, doch bitte keine Getränke | |
mit sich zu führen, wurde man im About Blank mit seiner Flasche Wasser im | |
Gepäck einfach durchgewunken. | |
Allerdings bekam Huber bei der Organisation seiner diesjährigen | |
Festivalausgabe zu spüren, was es bedeuten kann, in Zeiten wie diesen im | |
About Blank zu gastieren. Seit dem 7. Oktober, seit dem Überfall der Hamas | |
auf Israel und dem darauf folgenden schrecklichen Krieg in Gaza, kommt der | |
Club nicht zur Ruhe. Eine einseitige Positionierung pro Israel wird ihm | |
vorgeworfen, seit einer Weile wird er sogar mit Fäkalien beschmiert. Huber | |
musste in den letzten Monaten lernen, dass es Bands gibt, die er gerne für | |
sein Festival gehabt hätte, die in einem solchen Club gerade lieber nicht | |
auftreten möchten. | |
Im Garten des About Blank war von der aufgeheizten Stimmung, zu der der | |
Krieg in Gaza nicht nur an den Unis geführt hat, glücklicherweise gar | |
nichts zu spüren. Da wollte niemand Palästina vom Fluss bis zum Meer | |
befreien oder den „Genozid“ stoppen, sondern die Leute waren wirklich nur | |
hier, um Musik zu hören, auf der Gartenschaukel zu schaukeln oder | |
zwischendurch eine Runde Tischtennis zu spielen. | |
Die Bands traten auf zwei Bühnen auf, der Waldbühne und der Hofbühne. Aber | |
sie spielten nie parallel, sondern immer nacheinander, damit jeder Act die | |
volle Aufmerksamkeit des Publikums geschenkt bekam. So konnte man etwa das | |
Duo Gránátèze in der einen Ecke des Gartens erleben und zog dann einfach | |
zusammen mit den anderen ein paar Meter weiter für den Auftritt der | |
Shybits. Die einen, zwei junge Frauen aus Dresden, boten schepperigen | |
Low-Fi-Indierock dar und sangen davon, dass es schön wäre, mal wieder ein | |
Eis zu essen. Die Shybits spielten perfekt geschliffenen Indiepop mit | |
großartigem Harmoniegesang vom Bassisten und vom Gitarristen, mit dem sie | |
sich für den Weezer-Gedächtnispreis bewarben. Das war dann eine dieser | |
Epiphanien, wie man sie sich beim „Down by the River“ erhofft. Die Shybits, | |
deren Mitglieder aus England, Italien und Südafrika kommen und in Berlin | |
zueinander gefunden haben, muss man, das war sofort klar, unbedingt weiter | |
auf dem Schirm haben. | |
3 Jun 2024 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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