# taz.de -- das wird: „Die Grundhaltung eines radikalen Antifaschisten“ | |
> Christian Geisslers Filmwerk widmet sich eine Tagung in Hamburg: Es | |
> beginnt mit der Umsetzung seines Romans „Anfrage“ fürs Fernsehen | |
Interview Wilfried Hippen | |
taz: Herr Grumbach, wer war eigentlich Christian Geissler? | |
Detlef Grumbach: Christian Geissler ist 1928 in Hamburg geboren. Sein Vater | |
war bei der NSDAP und über seine Mutter sagte er einmal, sie sei | |
Antifaschistin aus Wissen und Instinkt gewesen. Aus diesen Erfahrungen | |
speiste sich seine Grundhaltung eines radikalen Antifaschisten. Sein erster | |
Roman „Anfrage“ aus dem Jahr 1960 war der erste, der im Westen rigoros die | |
Frage nach der Schuld in der Nazizeit stellte. | |
Er war also Schriftsteller, aber auf der Tagung geht es ja um die Filme, an | |
denen er mitgearbeitet hat. Wie ist es denn dazu gekommen? | |
Der Brecht-Schüler Egon Monk war damals Leiter der Abteilung für | |
Fernsehspiel beim NDR und der hat aus Geisslers Roman „Anfrage“ ein | |
Fernsehspiel gemacht. Damit begann die Film- und Fernsehkarriere von | |
Christian Geissler. Er hat dann etliche Drehbücher für Monk geschrieben. | |
Aber er hat ja auch selber Filme gedreht? | |
Das ging 1970 los. Er hat politische Dokumentarfilme für den NDR gedreht. | |
Einige davon sind in Hamburg noch nicht vergessen. So etwa das Fernsehspiel | |
„Wilhelmsburger Freitag“, in dem er ein Arbeiterehepaar an dem Tag | |
begleitete, an dem ihr Lohn ausbezahlt wurde. Oder der Dokumentarfilm | |
„Himmelsstraße“, wo Geissler alte Leute nach ihrem Leben befragt. | |
Teil der Tagung sind zwei Kinoabende. Was wird da gezeigt? | |
Am Donnerstag beginnt der Abend mit einem Vortrag Dietmar Daths, dem wohl | |
einzigen Marxisten in der Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. | |
Und dann zeigen wir Geisslers Film „Immer nur Fahrstuhl ist blöde“, in dem | |
es über den Befreiungsversuch einer jungen Frau geht, die als | |
Fahrstuhlführerin in einem Kaufhaus arbeitet. Am Freitag wird der | |
Fernsehfilm „Anfrage“ von Egon Monk aus dem Jahr 1962 gezeigt. | |
Nun bilden aber die Dokumentarfilme Geisslers filmisches Hauptwerk. Werden | |
die denn nicht gezeigt? | |
Auf der Tagung gibt es das Vortragsprogramm, und alle Vortragenden haben | |
zehn Minuten Zeit, um Ausschnitte aus dem Film zu zeigen, auf den sie sich | |
beziehen..Da geht es etwa um ein Jahr im Knast oder in „Abgezählte Tage“ | |
erzählt er von dem Urlaub einer Arbeiterfamilie. Wenn man aber vor den | |
Vorträgen immer erst anderthalb Stunden Film ansehen würde, wäre die Tagung | |
14 Tage lang. | |
Wollen Sie, dass Geissler als Filmemacher neu entdeckt wird? | |
Es gab immer mal wieder Retrospektiven mit seinen Filmen. Aber noch niemand | |
hat sich systematisch mit seinem Filmwerk beschäftigt. Dies ist nun ein | |
Auftakt dazu, sich auch mit seinen Filmen auseinanderzusetzen. | |
29 May 2024 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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