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# taz.de -- Mehr Pflegebedürftige denn je
> Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt massiv an. Stärker, als es der
> Gesundheitsminister erwartet hatte. Christine Vogler vom Deutschen
> Pflegerat ist hingegen wenig überrascht
Von Emma Tries
Im Jahr 2023 wurden laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)
weitaus mehr Leute pflegebedürftig als gedacht. Statt dem geschätzten
Zuwachs von 50.000 seien es über 360.000 gewesen, hatte Lauterbach (SPD)
[1][in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland] am Montag
gesagt.
Was der genaue Grund dafür sei, sei noch unklar, doch die Zahlen sollten zu
denken geben. Lauterbach sprach von einem „Sandwicheffekt“. Mit den
Babyboomern und der Generation ihrer Eltern seien erstmalig zwei
Generationen gleichzeitig im Pflegesystem.
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, sieht hier jedoch
die Folge jahrzehntelanger Ignoranz: „Wir haben die Prävention durch die
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zurückgefahren, den
öffentlichen Gesundheitsdienst nicht ausgebaut und in die
Gesundheitskompetenzen der Menschen kaum etwas investiert.“ Diesen Effekt
spürten die Menschen im Gesundheitswesen schon seit Jahren und dies sei
erst der Anfang, erklärte sie gegenüber der taz.
Karl Lauterbach erklärte, dass eine Arbeitsgruppe bis Ende Mai Vorschläge
für eine Finanzreform des Pflegesystems liefern solle. Dennoch sei eine
Reform in dieser Legislaturperiode aufgrund politischer
Meinungsverschiedenheiten nicht mehr möglich.
Vogler kritisierte den ständigen Streit innerhalb der Koalition und das
Gerangel zwischen Bund und Ländern. „Das tut uns allen nicht gut“, sagte
sie. Um die Lage zu verbessern, müsse man unter anderem das
Pflegekompetenzgesetz auf den Weg bringen, um Pflegekräften mehr
Kompetenzen bei der medizinischen Versorgung von Patient:innen geben.
„Wir brauchen alle gesundheitskompetenten Menschen sowie alle Therapie- und
Pflegeberufe und medizinischen Berufe, um eine gute Gesundheitslage zu
schaffen“, erklärte Vogler.
Laut Gesundheitsministerium soll das Gesetz noch vor der Sommerpause
vorgelegt werden.
Lauterbach sprach sich im Interview zudem für eine
Pflege-Bürgerversicherung aus, in die alle einzahlen sollen. Elke
Breitenbach, pflegepolitische Sprecherin der Linken, glaubt aber nicht,
dass diese umgesetzt wird. Die Bürgerversicherung sei zwar die einzige
Lösung für das Problem, die SPD sei aber „sehenden Auges“ eine Koalition
mit der FDP eingegangen, die eine Bürgerversicherung vehement ablehnt.
85 Prozent der Berliner Pflegebedürftigen werden von Angehörigen zu Hause
gepflegt. Und viele Leute könnten sich kaum die Kosten für die ambulante
Pflege leisten. „Das läuft darauf hinaus, dass Menschen zu Hause nicht
ausreichend gepflegt werden können und früher als nötig stationär gepflegt
werden müssen“, sagte sie. Dafür fehle wiederum das Personal in den
Pflegeheimen. Eine Reform hätten wir schon längst gebraucht, erklärte
Breitenbach.
Gegenüber dem RND erklärte Lauterbach seinen Plan für eine „stambulante
Versorgung“. Diese soll eine Alternative zu den klassischen Pflegeheimen
und einem betreuten Wohnen darstellen, sodass Pflegebedürftige länger zu
Hause wohnen bleiben können.
Laut Vogler muss die Gesellschaft jetzt genau hinsehen, wie sich die
finanzielle Lage in den Sozialkassen verändere. Das gelte nicht nur für die
Pflege, sondern beispielsweise auch für die Rente. Die Politik müsse jetzt
ein Vorbild für gute Lösungen und deren Umsetzungen sein. Was Pflegende und
Pflegebedürftige momentan am dringendsten bräuchten, sei Sicherheit, sagte
Vogler, „die Sicherheit, dass sie auch morgen noch Versorgung und
finanzielle Unterstützung bekommen“.
28 May 2024
## LINKS
[1] https://www.rnd.de/politik/gesundheitsminister-karl-lauterbach-im-rnd-inter…
## AUTOREN
Emma Tries
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