# taz.de -- das wird: „ Es geht nicht um den Film, sondern um seine Biografie… | |
> Das Bremer Filmsymposium beschäftigt sich mit Übergängen in Filmen und | |
> Gesellschaft | |
Interview Wilfried Hippen | |
taz: Herr Greiner, worum geht es beim Thema des diesjährigen Symposiums, | |
„Transitionen – Filmische Dimensionen des Übergangs“? | |
Rasmus Greiner: Ich forsche über Filme, die noch im Nationalsozialismus | |
produziert wurden, aber erst nach dem Ende des Krieges in die Kinos | |
gekommen sind. Diese Filme nennt man Überläuferfilme und dabei geht es auch | |
um Transitionen oder Übergänge. Wir haben dann überlegt, ob es in der | |
Filmwissenschaft noch ähnliche Phänomene gibt und haben es zum Thema des | |
Symposiums gemacht. | |
Sie beschäftigen sich dabei auch mit gesellschaftspolitischen Übergängen? | |
Wir schauen, ob wir Querverbindungen herstellen können, wenn wir etwa bei | |
einem Forum den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm mit den politischen oder | |
historischen Transitionen der 1920er Jahre verbinden. In drei Vorträgen | |
wird da das spezifische Phänomen des Teiltonfilms behandelt. Als Beispiel | |
zeigen wir den deutschen Spielfilm „Delikatessen“ von 1930. Der fängt an | |
wie ein Stummfilm mit Texttafeln, aber urplötzlich wechselt er in einen | |
Tonfilm, der schon erstaunlich gut gemacht wurde. Warum ist das so? Die | |
haben als Stummfilm angefangen und dann während der Dreharbeiten | |
entschieden, mit Ton zu arbeiten. Sie wollten aber nicht alles, was schon | |
gedreht war, wegschmeißen und haben stattdessen mit der Überraschung | |
gespielt. | |
Filme werden zu verschiedenen Zeiten ganz unterschiedlich gesehen und | |
bewertet. Geht es in dem Vortrag von Chris Wahl über Leni Riefenstahls | |
„Triumph des Willens“ auch um dieses Phänomen? | |
Ja, Chris Wahl arbeitet an einem Forschungsprojekt zum Thema Filme aus dem | |
Nationalsozialismus und er untersucht, wie Teile dieser Filme immer wieder | |
auftauchen. „Der Triumph des Willens“ ist dafür exemplarisch. Bei den | |
Nürnberger Prozessen wurde er etwa als Beweismaterial angesehen und später | |
wurde in der Filmwissenschaft versucht, ihn auf der ästhetischen Ebene zu | |
rehabilitieren. Über diese Filme wurde jahrzehntelang gestritten und er | |
wird immer wieder zitiert. | |
Anders als die anderen Filme, auf die sich die Vorträge direkt beziehen, | |
zeigen sie Riefenstahls Film nicht im Kino. Fürchten Sie, dass er auch | |
heute noch zu wirkungsvoll ist? | |
Nein. Chris Wahl geht es ja nicht um den Film selber, sondern um seine | |
Biografie. Was ist sein Echo und wie hat er sich in die Filmgeschichte | |
eingeschrieben? Er selber hat darüber einen Essayfilm gemacht und wir haben | |
uns entschieden, lieber diesen zu zeigen. | |
In einem Vortrag von Sebastian Schädler werden trans Perspektiven | |
behandelt. Wie schaut er auf Filme zu diesem Thema? | |
Zuerst wurde ja in der Presse gelobt, dass sich auch das Kino damit | |
auseinandersetzt. Aber in einem zweiten Schritt sollte darauf geachtet | |
werden, wie das Thema behandelt wird. Und da gibt es durchaus auch einen | |
unangenehmen voyeuristischen Blick. So etwa bei der obligatorischen | |
Duschszene oder bei der Einstellung vor dem Spiegel, wo sich ausgezogen | |
wird. Da werden dann zum Beispiel bei einer Person, die eine | |
Geschlechtsangleichung gemacht hat, die Narben groß ins Bild gesetzt. So | |
werden die Menschen, die angesehen werden, vorgeführt. Aber Sebastian | |
Schädler, der Professor für Sexualpädagogik ist, zeigt auch Beispiele aus | |
Filmen, in denen dieses Thema adäquat behandelt wird – ohne auf solche | |
verletzenden Darstellungen zurückzugreifen. | |
22 May 2024 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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