# taz.de -- das wird: „Es war mir selber nicht gelungen, mit meinen Eltern ü… | |
> Mit dem Film „Lange Schatten des Schweigens“ hat der Oldenburger | |
> Sozialwissenschaftler Rudolf Leiprecht seine eigene deutsch-jüdische | |
> Familiengeschichte ergründet. wHeute wird er auf dem Campus in Emden | |
> gezeigt | |
Interview Wilfried Hippen | |
taz: Herr Leiprecht, dieser Film erzählt von Ihnen und Ihren Eltern. Was | |
ist deren Geschichte? | |
Rudolf Leiprecht: Mein Vater war ein Besatzungssoldat in den Niederlanden | |
und meine Mutter ein 16-jähriges Mädchen, das sich in diesen Soldaten | |
verliebt hat. Mein Vater wusste nicht, dass sie aus einer jüdischen Familie | |
kam und der größte Teil ihrer Familie schon in Auschwitz ermordet worden | |
war. Mein Vater hat sie dann nach Deutschland mitgenommen und in der | |
Familie blieb dies ein großes Geheimnis. | |
Wann haben Sie selbst davon erfahren? | |
Erst mit 36 Jahren. Ich hatte eine jüdische Lebensversicherung unter den | |
Familienunterlagen gefunden und als ich meinen Vater danach fragte, sagte | |
er nur: „Dein Großvater war jüdisch. Hast du das nicht gewusst?“ | |
Wie hat dieses Trauma Ihr Familienleben geprägt? | |
Meine Mutter ist an diesem Schweigenmüssen psychisch erkrankt. Sie ist in | |
der Familie gewalttätig geworden und hat versucht, sich selber und mich | |
umzubringen. | |
Und wie ist es dann zu diesem Filmprojekt gekommen? | |
Ich bin zusammen mit meinen niederländischen Freunden Erik Willems und | |
Gerad Leenders auf die Idee gekommen. Es war mir selber zwar nicht | |
gelungen, mit meinen Eltern über dieses Thema zu sprechen, aber es gibt | |
Tonbandaufnahmen, die von einer Spezialistin für Gespräche mit älteren | |
Menschen geführt wurden, und da haben die beiden viel erzählt. Und um | |
dieses Tonmaterial haben wir dann den Film gestrickt. | |
Wie haben Sie den Film finanziert? | |
Wir hatten nur sehr wenig Geld und Erik hat das umsonst für mich gemacht. | |
Wenn er noch anderen Freunden so helfen würde, wäre er bald pleite, denn er | |
ist ein professioneller Filmemacher und muss ein Studio unterhalten. | |
Sie vertreiben den Film ja auch selbst. Wie lange sind Sie mit ihm nun | |
schon auf Reisen? | |
Ich mache das jetzt seit einem Jahr, in dem ich auf über 40 Vorstellungen | |
den Film auch selber vorgestellt habe. Teilweise in Kinos, aber auch in | |
Schulen oder Instituten. Es ist günstig, dass ich immer dabei bin und die | |
Menschen danach noch über den Film sprechen können, denn er löst viel | |
Betroffenheit und viele Fragen aus. Es ist ein trauriger Film. | |
Wie reagiert ein junges Publikum auf ihn? | |
Es geht ja um ein 16jähriges Mädchen das ungewollte schwanger wird – also | |
eine Teenager-Mutter. Da können sich Jugendliche sehr gut hineinversetzen. | |
Und es kommen nach den Vorstellungen auch Jugendliche zu mir, die selber | |
unter Gewalt in der Familie leiden. | |
Wie ist es zu der Veranstaltung an der Uni Emden/Leer gekommen? | |
Ich habe ja mein Netzwerk und wenn da jemand den Film schon gezeigt hat, | |
empfiehlt er ihn jemandem anders. Das funktioniert wie ein | |
Schneeballsystem. In Emden gibt es eine Filminitiative um den Asta herum | |
und die haben mich eingeladen. | |
11 Apr 2024 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Hippen | |
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