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# taz.de -- Arbeit suchen
> Ukrainische Geflüchtete haben es in Deutschland besonders schwer, eine
> Beschäftigung zu finden
Von Clara Suchy
Wer aus der Ukraine kommt und in Deutschland nach Arbeit sucht, stößt oft
auf Anzeigen für Lkw-Fahrer:innen, Gabelstaplerfahrer:innen oder
Erntehelfer:innen. Zumindest erwecken auf Arbeitsmarktplattformen
solche Inserate diesen Eindruck. Explizit werden dabei Jobs für
Ukrainer:innen angeboten – aber nur für solche Jobs. Stellen für
ukrainische Sozialarbeiter:innen, Lehrer:innen oder Ärzt:innen findet
man dagegen eher nicht.
Das mag daran liegen, dass man für solche Arbeiten bessere Sprachkenntnisse
braucht – oder dass die Zeugnisse der Bewerber:innen erst mal anerkannt
werden müssen. Für Abschlüsse, die außerhalb der EU absolviert wurden, ist
der Prozess besonders langwierig. Doch es sind genau diese Berufe, die von
den 1,2 Millionen Ukrainer:innen, die laut dem Ausländerzentralregister in
Deutschland leben, gesucht werden. Denn viele haben einen akademischen
Abschluss. [1][Nach Angaben des Statistischen Bundesamts] sind es 45
Prozent. Weitere 28 Prozent haben einen nichtakademischen Berufsabschluss.
Das könnte eine Erklärung für die besonders niedrige Beschäftigungsquote in
Deutschland sein: Nur 21 Prozent der ukrainischen Geflüchteten im
erwerbsfähigen Alter haben eine Arbeitsstelle. Damit steht Deutschland im
europäischen Vergleich fast an letzter Stelle. Nach einer Analyse der
Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) haben zwei Drittel der ukrainischen
Kriegsflüchtlinge in Polen und Tschechien – neben Deutschland die beiden
wichtigsten Aufnahmeländer in Europa – eine Beschäftigung. Der Weg zur
Arbeit in Deutschland scheitert wohl oft an bürokratischen Hürden. Der
FES-Analyse zufolge klagen nur 5 Prozent der Ukrainer:innen in Polen
darüber, bürokratische Hürden überwinden zu müssen. In Deutschland sind es
49 Prozent.
Das könnte nicht zuletzt an der schlechten Vermittlung in Integrationskurse
liegen. Nach Angaben des Bundesrechnungshofs betrug die Wartezeit auf einen
Platz in einem Integrationskurs, der vor allem für den Sprachunterricht
zuständig ist, rund 21 Wochen. Seit Beginn des Krieges wurden fast 450.000
Ukrainer:innen zu einem Kurs zugelassen. Weniger als die Hälfte hat bis
Ende 2023 einen Platz erhalten.
Was zumindest unbürokratisch abläuft, ist die Erteilung der
Arbeitserlaubnis. Ukrainer:innen dürfen mit ihrem visumfreien Aufenthalt
nicht sofort eine Beschäftigung aufnehmen – sie müssen dafür eine
Aufenthaltserlaubnis vorweisen. Im Gegensatz zu anderen Geflüchteten reicht
es jedoch aus, wenn sie nachweisen, dass sie eine Aufenthaltserlaubnis
beantragt haben.
Ende vergangenen Jahres hat die Bundesregierung versucht, etwas gegen die
schlechte Beschäftigungsquote zu tun, [2][und den sogenannten „Job-Turbo“
gestartet]. Dieser sollte Geflüchteten aus der Ukraine helfen, sich durch
häufigeren Kontakt mit dem Jobcenter schneller in den Arbeitsmarkt zu
integrieren. Doch drei Monate nach dem Start des Programms kann die
Bundesagentur für Arbeit kaum Erfolge vermelden. Eher im Gegenteil, wie aus
dem Lagebericht der Bundesagentur zur Arbeitsmarktsituation der
Geflüchteten hervorgeht: 1,2 Prozent der ukrainischen Frauen haben einen
Job gefunden – vor einem Jahr waren es noch 1,7 Prozent. Bei den Männern
sieht es noch schlechter aus. Januar 2024 haben 2,4 Prozent der Ukrainer
eine Arbeit angetreten. Vor einem Jahr lag die Quote noch bei 3,4 Prozent.
Entgegen der Behauptung einiger Politiker:innen scheint die Höhe des
Bürgergeldes nicht entscheidend für die Beschäftigungsquote zu sein. Wie
Dietrich Thränhardt, [3][Autor der FES-Analyse, in einem Interview mit der
„Tagesschau“ erklärte,] ist die Beschäftigungsquote von Ukrainer:innen
in Österreich und der Schweiz ähnlich niedrig wie hierzulande. Dort
allerdings sind die Sozialleistungen viel niedriger als in Deutschland – in
einigen Fällen sogar unter dem Existenzminimum.
Was für Ukrainer:innen in Deutschland eindeutig einen Unterschied machen
würde, ist der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten. Nach Angaben des
Statistischen Bundesamts sind 40 Prozent der Zugewanderten aus der Ukraine
alleinerziehend. [4][Und laut einer Studie, an der das Deutsche Institut
für Wirtschaftsforschung (DIW) beteiligt war,] besucht nur jedes zweite
geflüchtete Kind aus der Ukraine eine Kita.
24 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/12/PD23_476_12.ht…
[2] /!5970964&SuchRahmen=Print
[3] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/ukrainische-bankfachfraue…
[4] /!5943667&SuchRahmen=Print
## AUTOREN
Clara Suchy
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