# taz.de -- crime scene: Seniorinnen auf Verbrecherjagd | |
Rechtzeitig zur großen Erkältungszeit entdeckte ich kürzlich ein Highlight | |
des humoristischen Feelgood-Krimis: Insgesamt zwar spät, denn der aktuelle | |
Band ist schon der vierte in der „Donnerstagsmordclub“-Reihe des britischen | |
Autors Richard Osman. Aber besser spät als nie; und so weiß ich nun schon | |
drei Bücher, die ich vielleicht lesen könnte, wenn ich das nächste Mal | |
Corona kriege. | |
Mit Band vier anzufangen bedeutet, sich manches erschließen zu müssen, aber | |
das geht schon. Zum Beispiel: sich zusammenzureimen, dass „Coopers Chase“, | |
der Ort, an dem die Reihe spielt und wo die ProtagonistInnen leben, eine | |
Seniorenwohnanlage ist. Die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs gehen | |
dementsprechend alle mindestens stramm auf die achtzig zu. Vermutlich haben | |
sie sich erst in Coopers Chase kennengelernt, denn ihr jeweiliger | |
Hintergrund ist extrem unterschiedlich. Bei Elizabeth, der allgemein | |
anerkannten Club-„Chefin“, handelt es sich um eine MI6-Agentin im | |
Ruhestand, als deren Stellvertreterin mitunter die ehemalige | |
Krankenschwester Joyce fungieren darf. Die redselige Joyce hat im Übrigen | |
auch als Co-Autorin am Roman mitgewirkt, denn viele Kapitel hat sie selbst | |
aus ihrer eigenen Perspektive und in der ihr eigenen Diktion geschrieben. | |
Die Männer im Club – ein feinfühliger Psychiater und ein draufgängerischer | |
Ex-Gewerkschaftsführer – sind ein bisschen weniger wichtig als die Frauen, | |
was womöglich auch der Überlegung geschuldet ist, dass weibliche LeserInnen | |
die Hauptzielgruppe für diese Art von Cosy Crime darstellen. Wobei Osmans | |
Art allerdings schon speziell ist. Zum einen schreibt er wirklich ernsthaft | |
komisch; und dann gibt es außerdem inmitten der turbulenten Krimihandlung | |
einen tragischen Nebenstrang. Elizabeths Mann Stephen leidet an Demenz, | |
und in diesem Roman sehen beide nun ein, dass es mit ihrem Zusammenleben | |
nicht weitergehen kann wie bisher. Ganz zart und unsentimental wird diese | |
private Katastrophe zwischendrin verhandelt; und anders als sonst meist im | |
Krimigenre, in dem ja viel zu oft die privaten Probleme der ErmittlerInnen | |
groß ins Bild gerückt werden, ohne dass sich daraus erzählerischer Mehrwert | |
ergäbe, kommt der traurigen Geschichte von Elizabeth und Stephen hier für | |
das Ganze eine wichtige Bedeutung zu. | |
Der Autor zieht damit eine zusätzliche, realistische Ebene ein, auf deren | |
Hintergrund der im Roman verhandelte turbulente Kriminalfall um einen | |
ermordeten Antiquitätenhändler und einen Haufen skrupelloser Drogenhändler | |
sich farbig abhebt als hübsche Abenteuergeschichte, die mit der | |
Wirklichkeit eigentlich nicht viel zu tun hat, die aber um so mehr Spaß | |
macht, wenn man um die wahren Risiken des Altwerdens weiß. Manche Menschen | |
haben eben Glück und jagen im Greisenalter noch Verbrecher; andere kommen | |
nicht so weit und können auch nichts dafür. | |
Die Verbrechergeschichte erinnert nicht nur in ihrer ziemlich schwarzen Art | |
von Humor an zum Beispiel „Fargo“; auch die Menge der anfallenden Morde ist | |
absolut übertrieben. Und die PolizistInnen sind eigentlich fast alle sehr | |
sympathisch, können der fidelen SeniorInnenclique aber selbstverständlich | |
nicht das Wasser reichen. Katharina Granzin | |
23 Dec 2023 | |
## AUTOREN | |
Katharina Granzin | |
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