# taz.de -- Verpasste Chancen | |
> Armutsgefährdete Kinder gehen trotz Bedarf seltener in die Kita | |
Von Barbara Dribbusch | |
Obwohl sich potenziell benachteiligte Familien für ihre Kinder einen | |
Kitaplatz wünschen, haben sie zu einem hohen Anteil keinen Betreuungsplatz. | |
Dies geht aus einer neuen [1][Studie des Bundesinstituts für | |
Bevölkerungsforschung (BiB) über „Frühe Ungleichheiten“] im Auftrag der | |
Friedrich-Ebert-Stiftung hervor. | |
„Im Durchschnitt hat jede fünfte Familie mit mindestens einem Kind zwischen | |
ein und unter drei Jahren trotz Bedarfs keinen Betreuungsplatz. In den | |
Familien, die armutsgefährdet sind, liegt diese Quote bei 30 Prozent, in | |
Familien, in denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, bei 40 Prozent“, | |
sagte Katharina Spieß, Direktorin des BiB und Mitautorin der Studie, der | |
taz. | |
Nach Ansicht von Spieß ist es falsch, die geringere Kitanutzung generell | |
auf einen geringeren Betreuungswunsch der Familien zurückzuführen. Tatsache | |
sei: „Die Kita-Bedarfe können für potenziell benachteiligte Familien | |
seltener gedeckt werden“, so Spieß. Dies betreffe vor allem das zweite und | |
dritte Lebensjahr, zeige sich aber bis zum Schuleintritt. | |
Laut der [2][Studie] hängt der ungedeckte Bedarf an mehreren Faktoren, | |
sowohl von der Angebots- als auch von der Nachfrageseite. Potenziell | |
benachteiligte Familien berichten häufiger von Schwierigkeiten bei der | |
Kitasuche. Dies betrifft oftmals nichtdeutsche Eltern, was auf | |
Sprachprobleme bei der Suche schließen lässt. Auch vermissen diese Eltern | |
häufiger Angebote an wohnortnahen Kitaplätzen. Potenziell benachteiligte | |
Eltern, darunter vor allem Alleinerziehende, wünschen sich ein | |
ausreichendes Angebot an Ganztagsplätzen. Manche Eltern mit nichtdeutscher | |
Familiensprache würden begrüßen, wenn die eigene Kultur und Religion in der | |
Kita mehr berücksichtigt würden. Auch Kostengründe werden für die | |
Nichtinanspruchnahme von Kitaplätzen genannt. | |
Dabei nutzen Familien mit Kleinkindern im Alter von ein oder zwei Jahren, | |
die zum einkommensstärksten Viertel gehören, zu 71 Prozent Kitaplätze. Bei | |
den Familien im ärmsten Viertel sind das nur 31 Prozent. In Familien, in | |
denen die Mütter nicht erwerbstätig sind, gehen nur 22 Prozent der | |
Kleinkinder in eine Kita. | |
In einer internationalen Vergleichsstudie hatte Spieß die Einstellungen zur | |
Erwerbstätigkeit von Müttern in west-, ostdeutschen und zugewanderten | |
Familien aus Osteuropa, Asien und Afrika verglichen. „Die Einstellung zur | |
Erwerbstätigkeit von Müttern mit zweijährigen Kindern ist zwischen den | |
westdeutschen Familien und zugewanderten Familien ähnlich, in der Regel | |
wird eine Teilzeittätigkeit als wünschenswert gesehen. In den ostdeutschen | |
Familien hingegen wird sehr viel eher eine Vollzeiterwerbstätigkeit von | |
Müttern mit jungen Kindern als gut empfunden“, so Spieß. | |
Durch die ungleiche Nutzung von Kitas werden „Teilhabechancen von Kindern | |
bereits in den ersten Lebensjahren ungleich verteilt“, heißt es in der | |
Studie. Die ungedeckten Bedarfe beträfen gerade Kinder, die besonders von | |
einer Kitanutzung profitieren würden. | |
Die Autor:innen fordern generell mehr Kitaplätze und mehr Informationen, | |
auch in unterschiedlichen Sprachen, für die Eltern auf Kitasuche. Auch | |
könnten Kitas „eine höhere Förderung erhalten, wenn sie Kinder aufnehmen, | |
die bisher unterrepräsentiert sind“, heißt es in der Studie. | |
[3][meinung + diskussion] | |
23 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bib.bund.de/Publikation/2023/Fruehe-Ungleichheiten-Zugang-zu-Ki… | |
[2] https://www.bib.bund.de/DE/Aktuelles/2023/2023-11-22-Fruehe-Ungleichheiten-… | |
[3] /!5971394&SuchRahmen=Print | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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