# taz.de -- das wird: Das Paar für absurde Raumkunst | |
> Das Künstlerpaar Lotte Lindner und Till Steinbrenner kommentiert das | |
> Sprengel Museum in Hannover und lädt zur Parade durch die Innenstadt | |
Von Bettina Maria Brosowsky | |
Seit 2002 arbeitet das Paar Lotte Lindner und Till Steinbrenner | |
künstlerisch zusammen. Sie, 1971 in Bremen geboren, und er, Jahrgang 1967 | |
aus Hildesheim, lernten sich während des Studiums an der Hochschule für | |
Bildende Künste Braunschweig kennen. Beide schlossen es mit der | |
Meisterklasse der radikalen Performance-Künstlerin Marina Abramović ab. Aus | |
dem Jahr 2002 datiert auch ein Foto einer frühen gemeinsamen Performance | |
der beiden,„Family II“. Lapidar beschrieben: ein Mann und eine Frau schälen | |
Kartoffeln. Das Besondere: eine Person hält die Kartoffel, die andere führt | |
das Messer. | |
Diese Symbiose, die untrennbar gemeinsame Autorschaft, zeichnet bis heute | |
das Werk des in Hannover lebenden und arbeitenden Duos aus. Ihre Arbeiten | |
haben sich längst, neben der flüchtigen Performance, das Terrain der | |
Objektkunst erobert, besonders konzeptionelle Raumarbeiten. Man übertreibt | |
nicht, Lindner & Steinbrenner mittlerweile als Spezialist:innen für | |
absurde Raumressourcen zu bezeichnen. So wurde von ihnen einmal der | |
Treppenabgang zum zugemauerten Fußgängertunnel unter dem Hannoveraner | |
Friedrichswall mit rotem Licht zur „Naherholung“ umdeklariert. Oder sie | |
bohrten im Erdgeschoss der Kestnergesellschaft ein Loch durch den Fußboden, | |
um das verdeckte Raumvolumen unter dem Bodenniveau erahnen zu lassen. Die | |
Halle war einst ein Damen-Schwimmbad mit tiefem Wasserbecken. | |
## Aquarium voller blinder Fische | |
Vor drei Jahren beauftragte das Sprengel Museum Hannover die beiden, sich | |
mit seinen durch mehrere Bauphasen unübersichtlich gewordenen Räumen und | |
hausinternen Vorgängen zu befassen. Im Frühjahr lieferten Lindner & | |
Steinbrenner einen ersten Kommentar ab, die ortsspezifische Installation | |
„Unter dem Strand“. Ein Aquarium steht in der Mitte eines lange nicht mehr | |
genutzten Raumes im Zwischengeschoss. Über die Gebäudetechnik versorgt, | |
wird es von einem kleinen Schwarm blinder Höhlensalmler bevölkert. Der Raum | |
ergänzt ein Spezifikum des Museums, sogenannte Künstlerräume, wie den | |
Merzbau von Kurt Schwitters. | |
Gerade ist Lindner & Steinbrenner der neue Band der Museumsmonografie | |
„Kunst der Gegenwart aus Niedersachsen“ gewidmet. Damit einher geht eine | |
weitere künstlerische Intervention: „Was hat das mit mir zu tun?“ Sie | |
thematisiert die Durchlässigkeit des Museums und die Besitzverhältnisse von | |
Museumskunst, heißt es aus Hannover. Die Geehrten nehmen aber nicht einfach | |
nur entgegen, sie ehren im Gegenzug den Übervater all Hannoveraner Kunst, | |
Kurt Schwitters. Und laden zur Parade, werden eine Plastik Schwitters’in | |
einem feierlichen Umzug durch die Innenstadt tragen. Teilnahmebedingung für | |
Interessierte: schwarze, wetterfeste und warme Kleidung sowie ein Akzent in | |
Gelb bis Orange oder Pink bis Rot – als farbige Mütze, Schal, Tuch, | |
Regenschirm oder Schuhe. | |
13 Nov 2023 | |
## AUTOREN | |
Bettina Maria Brosowsky | |
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