# taz.de -- das wird: „Ein Potpourri aus Zugriffen aufs Thema Gebären“ | |
> Geburtsnachbereitung in Hannover: Eine Performance untersucht | |
> reproduktive Schieflagen | |
Interview Lena Pinto | |
taz: Maike Tödter, erleben wir in Hannover nun die zweite Auflage Ihrer | |
schon aufgeführten Arbeit „Schon wieder: Gebären“? | |
Maike Tödter: Nein, Die Installation ist eine Arbeit im Prozess. Die | |
Produktion ist während Corona konzipiert worden. Der erste Arbeitsstand | |
wurde im vergangenen Herbst gezeigt. Das war noch eine Rohfassung ohne | |
Sound. Es ist außerdem eine wachsende Installation. | |
Das heißt..? | |
Das heißt, die Besucher*innen, die die Installationen schon gesehen haben, | |
hinterlassen uns Notizen, Karten und mündliches Feedback. Das nimmt dann | |
weiter Einfluss auf die Performance. | |
Wie genau? | |
Die Karten, die hinterlassen wurden, werden im Häuschen, in dem die | |
Installation zu sehen ist, aufgehängt. Wir bauen also die Perspektiven der | |
Besuchenden immer wieder mit ein. Ganz en détail kann ich nicht sagen, | |
welche Karte im Raum wo hängen und welche Perspektiven man lesen wird, weil | |
es mittlerweile so viele sind, dass wir sie nicht alle unterbringen können. | |
In Zukunft wollen wir ebenso eine Audiodeskription erstellen lassen von | |
Expert*innen, um das Projekt, wenn wir weitere Spieltermine haben, auch für | |
Menschen mit Sehbehinderung zugänglich zu machen. Das schaffen wir jetzt | |
leider noch nicht. | |
Die Installation ist immer nur für jeweils zwei Personen zugänglich. Warum | |
so exklusiv? | |
Einmal ist das pandemiebedingt. Ganz am Anfang hatten wir sogar gedacht, es | |
wäre nur für eine Person. Dann haben wir festgestellt: Wir können vom Platz | |
her auch zwei Personen in unser Häuschen reinsetzen. Andererseits ist das | |
eine sehr intime Situation, die ungefährlich ist. Man muss nicht | |
interagieren, beide sind unter Kopfhörern und man kann auch entscheiden, | |
wenig miteinander zu tun zu haben. Aber man ist eben in diesem Häuschen, in | |
einem eigenen Raum, den wir mitbringen, der so eine Art Hybrid darstellt | |
aus Geburtshaus, Diskursraum, Ausstellung und Wohnzimmer. | |
Und was passiert dann darin? | |
Die Menschen begegnen in diesem Häuschen den Mitgliedern der „Frl. Wunder | |
AG“, die sich aus Bilderrahmen per Video an sie richten. Die Mitglieder | |
haben alle aus ihren Biografien heraus unterschiedliche Perspektiven auf | |
das Thema Gebären. Es gibt verschiedenste Erfahrungen im Raum. Einige haben | |
Interviews geführt, einige zusätzlich Literatur-Recherchen gemacht. So | |
kommt sozusagen ein Potpourri aus Zugriffen aufs Thema Gebären zusammen. | |
Man durchläuft so gemeinsam diesen Nachbereitungskurs. | |
Was ist eigentlich ein Nachbereitungskurs? | |
„Nachbereitungskurs für alle, die schon da sind“, … | |
… so ist die Installation überschrieben … | |
… spielt natürlich an auf den typischen Geburtsvorbereitungskurs. Wir haben | |
uns mit dem Thema Gebären als einem sozialen Phänomen befasst und waren der | |
Ansicht: Die Gesellschaft braucht eine neue Perspektive darauf und auf | |
alles, was da dranhängt. Wir sind alle irgendwann geboren. Das haben wir | |
tatsächlich alle gemeinsam, und gleichzeitig lagern wir Sorgearbeit und | |
Verantwortung für die Geborenen immer noch weitgehend auf diejenigen aus, | |
die gebären. Deswegen haben wir beschlossen, einen Nachbereitungskurs | |
anzubieten. Der setzt sich damit auseinander, was es bedeuten würde, wenn | |
wir als Gesellschaft mehr Verantwortung für diese Reproduktionsfrage und | |
die Reproduktionsarbeit übernehmen würden. | |
1 Nov 2023 | |
## AUTOREN | |
Lena Pinto | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |