# taz.de -- kritisch gesehen: ausstellung „gefährlich gut“ von thomas tann… | |
Thomas Tannenberg sagt: „Schön, dass du da bist!“ Und so, wie er einen | |
dabei anstrahlt, weiß man: Er meint es ernst, es ist schön, dass man da | |
ist. Da, in der K34, einer kleinen Galerie in Kiel-Gaarden, was in Kiel | |
ist, einerseits. Und auch seine Bilder sind freundlich, auch wenn sie | |
manchmal böse sind, dann aber auf eine freundliche Art: ein Cowboy ringt | |
ein Rind nieder, 'Immer auf die anderen’ist lässig quer und füllend wie mit | |
Handschrift über das Bild gemalt. Und wenn einem diese Art Malerei bekannt | |
vorkommt, dieser Mix aus Comic, auch eine Spur Graffito und dazu jede Menge | |
wilde Grafik plus Schriftmalerei – richtig: „Art Store“ hieß der Laden in | |
der Wohlwillstraße auf St. Pauli, in den seligen 1980er- und 1990er-Jahren. | |
Künstler wie Thomas Tannenberg stützten ihn, stellten dort aus, Malerei auf | |
Holz, auf Spanplatten, auf Packpapier, das Bild für zehn oder zwanzig Mark, | |
selten mehr, zum gleich mitnehmen. 'Cheap Art’, das Stichwort, wer eines | |
braucht, und es war Kunst, aber in dem Sinne: Man musste nichts | |
dekonstruieren, die Bilder hatten auch nichts mit Duchamp zu tun, sondern | |
die Bilder konnten einem einfach gefallen, konnten bestens in die WG-Küche | |
passen, beispielsweise. Solche Bilder malt Thomas Tannenberg bis heute, mit | |
Schwung und Elan, nur jetzt viel raffinierter: Es gibt die Cowboy-Serie, es | |
gibt die Heidi-Serie, es gibt Bilder, da tragen die Abgebildeten einen | |
Schutzanzug mit Gasmaske. Und er nimmt das passende Geld dafür, er muss ja | |
leben. | |
Vieles an Bildhaftem, was zu sehen ist, ist entstanden mit dem Hamburger | |
Schriftsteller Alexander Posch, zwei Kunst-Fanzines der „Coté Obscure | |
Hefte“ haben sie gemeinsam produziert, Posch die Worte, Tannenberg die | |
Bilder und Zeichen: „Neid“ hieß das eine Heft, „Stubenhocker“, das and… | |
Dazu gibt es da das Solo-Bild „Stubenhocker – jetzt erst recht!“: Ein | |
braunes Haus auf grünem Grund, womöglich Hitchcocks 'Psycho’entsprungen. | |
Und auch Corona wurde hier standgehalten. | |
Es hängen nicht 100 Bilder da oder so, es sind vielleicht 20 und ein paar | |
mehr, aber nicht allzu viel mehr: Die K34 ist ein sehr kleiner Galerieraum, | |
hat aber am Ende einen Tresen mit Kaffeemaschine. Trotzdem: Dafür extra | |
nach Kiel fahren? | |
Aber klar, denn man fährt nicht nach Kiel andererseits, sondern nach | |
Kiel-Gaarden. Ein rauer Stadtteil, nicht nur, wenn der Wind von der Förde | |
stramm herüber weht. Viel Altbaubestand, alte Werftarbeitergegend, nicht | |
gentrifiziert, noch nicht, sehenswert. | |
Thomas Tannenberg und Alexander Posch wollten sich übrigens am Nachmittag, | |
bevor die Ausstellung eröffnet wurde, zu der Posch begleitend einiger seine | |
Geschichten las, zum Vorentspannen an den nahegelegenen Kieler Hafen | |
setzen; Schiffe von nahem gucken und die Beine über die Kaimauer baumeln | |
lassen, Seemannslieder pfeifen. Aber welchen Weg sie wasserwärts auch | |
gingen, nach kurzer Zeit war er ihnen versperrt, sie konnten nur erahnen, | |
da irgendwo ist der Hafen von Kiel, aber hin kamen sie nicht. So ist das | |
auch in Kiel mit dem Hafen, und wenn ich jetzt einen Wunsch frei habe an | |
die beiden: malt ein Bild und schreibt einen Text, wie es ist, wenn man an | |
den Hafen will und dann ist da immer nur ein Zaun und noch ein Zaun. Frank | |
Keil | |
Ausstellung: „Gefährlich gut“ von Thomas Tannenberg; geöffnet jeden | |
Donnerstag ab 19 Uhr und nach Absprache via [email protected], bis 2. 11.; | |
Galerie K34, Medusastraße 14, Kiel | |
17 Oct 2023 | |
## AUTOREN | |
Frank Keil | |
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