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# taz.de -- das wird: „Viele Nachrichten von uns kommen direkt im Iran an“
> Der Poetry-Slam „Frau Leben Freiheit“ hält das Banner der Proteste im
> Iran in Bremen hoch
Interview Lena Pinto
taz: Herr Jabbari, was hat ein Poetryslam in Bremen mit den Protesten im
Iran zu tun?
Puyan Jabbari: Ich bin Lehrer, und wenn ich vor 20 bis 30 Kindern sitze,
hat nicht jeder immer denselben Zugang. Ich muss Unterschiedliches
ausprobieren, um die Kinder zu erreichen. Mit unserer Gruppe „Bremen for
Iran“ versuche ich das Gleiche zu machen. Unser Ziel ist, auf verschiedenen
Wegen die Menschen zu erreichen und ihnen verständlich zu machen, was im
Iran die Problematik ist. Es ist wichtig, Stimmen des Iran nach Außen zu
tragen.
Reichen die Nachrichten nicht aus?
Seien wir ehrlich: Der Iran ist 5.000 Kilometer entfernt von uns. Das ist
so weit weg, dass man die Lebensrealität der Menschen aus diesem Land nicht
greifen kann. Wenn man aber erkennt, wie diese Bewegung „Frau, Leben,
Freiheit“ auch hier weitergetragen wird, ist es doch nicht mehr so weit
weg. Der Gedanke, dass Menschen, die nichts in der Hand haben, gegen eine
Macht ankämpfen, die so viel stärker ist, kann Menschen vereinen, egal ob
man gegen das Patriarchat oder den Rassismus aufsteht. Man versucht, alles
zu geben, weil man weiß, man kann einen Tyrannen umstürzen. Man braucht
dafür nicht unbedingt die krassesten Waffen. Es braucht die Kraft und den
Mut, dagegen anzugehen.
Warum ist Poetry Slam Ihrer Meinung nach die richtige Form?
Kunst im Allgemeinen ist wie ein Spiegel der Gesellschaft. Schon E. T. A.
Hoffmann [1][hat geschrieben] „Des Dichters Schwert ist das Wort, der
Gesang.“ Aufgeführte, laut vorgetragene Worte sind viel mächtiger als
einfach nur ein Text von einem Poeten. Die Worte sind wie ein Schwert in
das Herz der Tyrannen oder des Patriarchats. Hier werden natürlich auch
viele Texte gerade im Bereich Feminismus stattfinden. Dem geben wir so eine
Stimme.
Sie glauben damit Frauen im Iran eine Stimme zu geben?
Indem wir dieses Thema für den Poetry Slam gewählt haben, kommen die
Menschen hier damit zumindest irgendwie mal in Berührung und können
Gemeinsamkeiten feststellen.
Gemeinsamkeiten?
Natürlich sind die Probleme, die Frauen im Iran haben, heftig und die
Repression ist lebensbedrohlich. Gemeinsam ist aber das Grundproblem, das
traditionelle patriarchale System. Der Kampf dagegen muss auch hier geführt
werden. Die Form der Poesie oder des Poetry Slam kann die Gemeinsamkeit des
Themas hervorbringen, ohne die Unterschiede zu vertuschen. Man kann sich
durch seine künstlerische Fähigkeiten an die Seiten der Frauen im Iran
stellen.
Erfährt denn im Iran jemand etwas von dieser Solidarität?
Ja. Wir haben unseren Social-Media-Kanal „Bremen for Iran“. Der hat 25.000
Follower, und zehn Prozent von denen sind im Iran. Insofern ja: Viele
Nachrichten von uns hier kommen direkt im Iran an. Sie erreichen die Leute
dort auf unterschiedliche Art und Weise. Das gibt uns Hoffnung, den
Menschen dort mitzuteilen, dass sie nicht alleine sind. Beim Poetry Slam am
Sonntag ist eine Übertragung leider technisch nicht möglich gewesen. Wir
versuchen es aber immer: Die Menschen im Iran nutzen so gut wie gar keine
Staatsmedien mehr – aber jede Familie, die ich kenne, hat eine
Satellitenschüssel, über die sie einen der vielen Kanäle aus dem Exil
empfangen kann. Die kommen auch oft zu unseren Soli-Veranstaltungen und
berichten darüber auf Persisch.
Gibt es thematische Vorgaben für den Poetry Slam?
Normalerweise ist so ein Poetry Slam frei. Der Name unserer Veranstaltung
„Frau, Leben, Freiheit – Poetry für eine Revolution“ gibt aber
selbstverständlich das Thema vor. Wir haben Künstlerinnen da, die sich ganz
direkt auf die Mullah-Thematik beziehen. Wir lassen aber auch ganz andere
Lebensrealitäten auftreten, etwa aus Afghanistan. Deshalb verzichten wir
auch auf den sonst bei Poetry-Slam üblichen Wettbewerb: Das zu bewerten
wäre unangemessen:
22 Sep 2023
## LINKS
[1] https://www.projekt-gutenberg.org/etahoff/serapion/serap844.html
## AUTOREN
Lena Pinto
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