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# taz.de -- Stiften gehen: neue Mittel und Wege
> Langfristiges und zielorientiertes Engagement lässt sich in Stiftungen
> gut auf den Weg bringen. Neue Formen wie Verbrauchsstiftungen,
> Stiftungsfonds oder das Zustiften bieten sich mittlerweile auch für ein
> kleineres Vermögen an
Von Lars Klaaßen
Drei Jahre Entwicklungsarbeit in Jemen: Auch diese Tätigkeit der beiden hat
dazu beigetragen, dass Sam-Duk Patzelt und ihr Mann sich gemeinnützig
engagieren wollten. „Bildung war uns immer wichtig“, sagt Patzelt, die nun
schon seit zehn Jahren Witwe ist. Das Ehepaar habe aus der Praxis auch
erfahren, wo Entwicklungsarbeit an Grenzen stoßen kann. „Aber bei Bildung
kann man nicht viel falsch machen, damit hilft man Menschen konkret, die
dann wiederum selbst Gutes schaffen können.“ Im Alter hatte sie schließlich
genügend Geld beisammen, um ihre Idee umzusetzen: Jungen Frauen in Burundi,
dem ärmsten Land der Welt, durch Stipendien eine Hochschulausbildung zu
ermöglichen. Aber wie geht man so etwas an?
Bei ihrer Onlinerecherche stieß die Philanthropin schnell auf den Service
„Mit besten Empfehlungen“ von der Engagement Global. Diese gemeinnützige
Serviceeinrichtung des Bundesentwicklungsministeriums fördert im Auftrag
der Bundesregierung seit 2012 die gemeinnützigen Entwicklungsaktivitäten
von NGO’s, Stiftungen, Schulen, Einzelpersonen und Kommunen. Sie ist also
gut vernetzt. „Wenn Spendende sich an uns wenden, können wir ihnen aus
hunderten Partnerorganisationen diejenigen identifizieren, die ihren
Vorstellungen entsprechen“, erläutert Miriam Schwarz, Beraterin bei
Engagement Global. „Wir haben Know-how mit Blick auf Länder und Regionen,
Zielgruppen, den von der Bundesregierung mitgetragenen
Nachhaltigkeitszielen sowie Entwicklungssektoren – etwa Gesundheit, Wasser
oder Energie.“
Aufgrund dieser Orientierungshilfe entschied Sam-Duk Patzelt sich für eine
Zusammenarbeit mit burundikids. Die gut zehn ehrenamtlichen
Mitarbeiter:innen des in Köln ansässigen Vereins, haben ihren
Schwerpunkt bei der Grundbildung für Kinder in Burundi. „Wir haben uns
gefreut, dank des Engagements von Frau Patzelt künftig auch Angebote im
Hochschulbereich machen zu können“, sagt Jannis Meng, der für burundikids
an den Gesprächen mit der Spenderin über die geplanten Stipendien
teilgenommen hat. „Alle praktischen und rechtlichen Herausforderungen haben
wir konstruktiv gelöst.“ Von Beginn an lautete das Ziel, dass die
Stipendien dauerhaft ausgezahlt werden sollen, zunächst für rund zehn
Erstsemester pro Halbjahr bis zum Ende ihres Studiums, über die Jahre peu à
peu mehr. „Deshalb habe ich mich für die Gründung einer Stiftung
entschieden“, so Patzelt. „Ein juristisch versierter Bekannter war dabei
sehr hilfreich.“ Die Gründung brauchte ein Jahr. Damit die ersten acht
Frauen und zwei Männer schon 2022 mit ihrem Studium beginnen konnten, hat
sie deren Stipendien gespendet. Seit Gründung der Stiftung im Februar 2023
ist gesichert, dass die künftigen Zahlungen von dort kommen.
Je nachdem, welche mittel- und langfristigen Ziele man verfolgt, kann sich
die eine oder andere Rechtsform für eine Stiftung anbieten. Neben zwei
prinzipiell unterschiedlichen Strukturen, die es bereits lange gibt (siehe
Kasten), haben sich in den vergangenen Jahren auch neue Modelle entwickelt,
die besser für sich wandelnde Interessen und Herangehensweisen geeignet
sind.
„Grundsätzlich gilt zwar, dass man beträchtliches Kapital benötigt, um eine
Stiftung zu gründen“, sagt Tobias Karow, Gründer und Geschäftsführer der
Stiftungsexperten-Plattform stiftungsmarktplatz.eu. 50.000 Euro zu Beispiel
seien für die Gründung einer eigenen Stiftung in der Regel ob des
Kapitalmarktumfelds schon deutlich zu knapp bemessen. „Doch das Prinzip
Stiftung lässt sich auch in solchen Fällen nutzen, man ist deshalb nicht
aufs Spenden beschränkt.“ Wer etwas spendet, geht einen vergleichsweise
unverbindlichen Weg: Eine gemeinnützige Organisation etwa hat rechtlich
große Freiheiten, darüber zu entscheiden, wie sie die empfangene Summe
verwendet. Vor allem muss das Geld in zwei Jahren ausgegeben werden.
„Für eine längerfristige und verbindlichere Perspektive bietet sich das
Zustiften an“, erläutert Karow. „Dies erfordert deutlich weniger Kapital
als die Gründung einer Stiftung.“ Im Fall einer Zustiftung fließt das Geld
in den Kapitalstock einer bestehenden Stiftung, und macht diese langfristig
schlagkräftiger. Über die Zahlung hinaus pflegen beide Seiten in der Regel
eine dauerhafte Bindung, etwa in Form von Stiftertreffen oder eines
Stiftungsrats, der den Vorstand berät. Steuerrechtlich gelten für
Zustiftungen dieselben Regelungen wie für die Gründung einer Stiftung.
„Stiftungsfonds wiederum bieten die Möglichkeit, auch mit kleinen Vermögen
bestimmte Zwecke dauerhaft zu fördern“, so Karow. „Sie bieten eine schlanke
Verwaltung zweckgewidmeter Vermögen, zudem können sie mit einem bestimmten
Namen versehen werden, etwa dem der stiftenden Person.“ Die Erträge eines
Stiftungsfonds werden nach den jeweiligen Vorgaben des Stifters vom
Stiftungsträger vergeben. Viele große gemeinnützige Organisationen eröffnen
Interessenten diese Möglichkeit. „Ein Stiftungsfonds“, sagt Karow „bietet
Stiftenden für den Fall, dass sich eine gänzlich eigenständige Stiftung mit
dem zur Verfügung stehenden Vermögen nicht sinnvoll verwalten lässt, eine
gute Alternative, dauerhaft etwas im eigenen Sinne zu bewirken.“
Eine neuere Form, die sich ebenfalls für kleinere Vermögen eignet, ist die
Verbrauchsstiftung. „Im Unterschied zu traditionellen Stiftungen“, so
Karow, „werden für die Verwirklichung des Zweckes nicht nur die Erträge aus
der Vermögensverwaltung sowie Spenden genutzt, sondern auch das komplette
Vermögen.“ Eine rechtsfähige Verbrauchsstiftung muss mindestens 10 Jahre
bestehen und die Zweckverwirklichung über den gesamten Zeitraum
gewährleisten. Darüber hinaus hat die stiftende Person freie Hand und legt
in der Satzung fest, in welchem Zeitraum dies geschieht.
„Wenn das Stiftungsvermögen aufgebraucht ist, endet die Stiftung, den
Prozess der Abwicklung kann die Stifterin beziehungsweise der Stifter
entscheidend mitgestalten“, sagt Karow. „Auch bei relativ kleinem
Stiftungsvermögen kann man Projekte effektiv und zeitnah fördern, da das
Fördervolumen nicht vor allem, wie bei klassischen Stiftungen, von den
Erträgen des angelegten Stiftungsvermögens abhängt. Die Freiheitsgrade in
der Ausgabenplanung sind hier also höher.“
9 Sep 2023
## AUTOREN
Lars Klaaßen
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