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# taz.de -- Prekär und angefeindet
> Der Wissenschaftsrat legt eine Bestandsaufnahme bei der
> Geschlechterforschung vor
Die Gender Studies sind im deutschen Wissenschaftssystem noch nicht richtig
angekommen, werden aber gleichwohl politisch massiv angefeindet. Jetzt hat
der Wissenschaftsrat, der als das ranghöchste Gremium zur Beratung der
Wissenschaftspolitik in Deutschland gilt, erstmals eine
[1][Bestandsaufnahme der Geschlechterforschung] vorgelegt. Er empfiehlt
eine Verstetigung der befristeten Projekte und einen besseren Schutz der
Forschenden vor Angriffen von außen.
Nach der in dieser Woche vorgestellten Studie gibt es derzeit über 170
Professuren an deutschen Hochschulen zur Geschlechterforschung, häufig in
Kombination mit anderen Spezialfächern. An mehr als einem Dutzend
Hochschulen werden Studiengänge in Gender Studies bzw.
Geschlechterforschung angeboten, vor allem auf Masterebene. Darüber hinaus
bieten etwa 30 Hochschulen studienbegleitende Zertifikate, etwa in
Verbindung mit „Diversity Studies“ oder auch „Genderkompetenz“ für
Studierende aller Fachrichtungen an. Eine Promotion explizit in Gender
Studies ist in Deutschland bisher nur an der Humboldt-Universität zu Berlin
möglich.
Die Themen der Geschlechterforschung reichen von sozialwissenschaftlichen
Untersuchungen zum Gender Pay Gap oder zur Verteilung von Care-Arbeit, über
medizinische Forschungen zu Geschlechterunterschieden bei Herzerkrankungen
und Geschlechteraspekten in der Arzneimittelforschung bis hin zu literatur-
und medienwissenschaftlichen Analysen von Geschlechterrollen in Literatur,
Film und Fernsehen.
Es gibt der Analyse des Wissenschaftsrates zufolge auch
rechtswissenschaftliche Untersuchungen zu Femizid und zu
Transgender-Rechten, Forschungen zu Geschlechteraspekten in der
Mensch-Computer-Interaktion bis zu ethnologischen, historischen und
archäologischen Untersuchungen von Geschlechterordnungen [2][verschiedener
Kulturen und Zeiten]. Das Thema ist quasi omnipräsent.
## Nachholbedarf im internationalen Vergleich
Für Wolfgang Wick, den Vorsitzenden des Wissenschaftsrats, ist die
Geschlechterforschung „ein dynamisches und zukunftsträchtiges
Forschungsfeld mit großer Transferrelevanz“. Allerdings gebe es [3][im
internationalen Vergleich] noch einigen Nachholbedarf, „insbesondere in den
technischen Disziplinen und der Medizin“, so Wick.
Wick zufolge betrachtet der Wissenschaftsrat „mit Sorge die Diffamierungen
und personenbezogene Angriffe auf Forschende und Studierende des Feldes“.
Wie schon bei der Klimaforschung wachse auch hier „in Teilen der
Öffentlichkeit die Abwehr gegen wissenschaftliche Aussagen und mögliche
gesellschaftliche Implikationen“, die dann in einem Klima
gesellschaftlicher Polarisierung zu personenbezogener Kritik und „zunehmend
massiven Diffamierungen und Drohungen“ führe.
Es sei Aufgabe der Wissenschaftsgemeinschaft und der Gesamtgesellschaft, so
das Papier des Rates, „sich in dieser Debatte für den Schutz der
Wissenschaftsfreiheit und den Schutz der Forschenden und Studierenden zu
positionieren“. Konkrete Vorschläge werden an dieser Stelle jedoch nicht
gemacht. Manfred Ronzheimer
14 Jul 2023
## LINKS
[1] https://www.wissenschaftsrat.de/download/2023/1385-23.html
[2] /!5902781&SuchRahmen=Print
[3] /!5942408&SuchRahmen=Print
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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