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# taz.de -- wärmewende: Vorreiter fühlen sich ungerecht behandelt
> Die Pioniere unter den Städten könnten durch das geplante
> Gebäudeenergiegesetz unter Zeitdruck geraten – während die trägen Städte
> noch jahrelang Aufschub bekommen
Bild: Das neue Energiegesetz sieht die Verantwortung für die Wärmeversorgung …
Von Bernward Janzing
Für die Bundesregierung tut sich im politischen Kampf um das neue
Gebäudeenergiegesetz (GEG) eine weitere Front auf: In jenen Städten, die
mit ihrer kommunalen Wärmeplanung schon weit fortgeschritten sind, rumort
es zunehmend. Denn wenn das Gesetz wie geplant kommt, müssen die Bürger in
den betreffenden Pionier-Kommunen beim Heizungstausch schon ab Januar
Regeln einhalten, für die der Gesetzgeber anderen Städten noch bis zu fünf
Jahre Aufschub gewährt. Einer der betroffenen Oberbürgermeister, Marco
Steffens aus dem badischen Offenburg, kritisierte die geplante Regelung,
die Vorreiter benachteiligt, am Sonntagabend in der ARD als „nicht in
Ordnung“.
Das Thema betrifft vor allem Baden-Württemberg, denn der Südwesten war bei
der Wärmeplanung in den letzten Jahren sehr aktiv. Die Landesregierung
verpflichtete bereits im Herbst 2020 noch unter dem grünen Umweltminister
Franz Untersteller alle Städte mit mindestens 20.000 Einwohnern, bis Ende
dieses Jahres ihre kommunalen Wärmepläne vorzulegen. Die Stadt Offenburg
zum Beispiel ließ vergangene Woche auf Anfrage wissen, sie werde ihren
Wärmeplan wohl bereits im Juli, also sogar fast ein halbes Jahr vor Ablauf
der gesetzlichen Frist, beim Regierungspräsidium einreichen.
Diese Vorarbeit würde nach den Plänen der Bundesregierung nun bei den
betreffenden Städten dazu führen, dass sie die strengen Regeln beim
Heizungstausch früher umsetzen müssen als andere. Zwar ist die Kopplung des
GEG an die Existenz kommunaler Wärmepläne von der Sache her weitgehend
unumstritten. Schließlich kann es kaum zielführend sein, Hauseigentümer zum
Einbau bestimmter Heizungstechniken zu verpflichten, wenn zuvor Optionen
wie Wärmenetze vor Ort nicht einmal untersucht wurden. Allerdings setzt die
aktuelle Lösung, die in der vergangenen Woche nach langem Ringen innerhalb
der Koalition ersonnen wurde, die Wegbereiter – und eben nur diese – unter
enormen Zeitdruck.
Sie könnten nicht wie geplant sortieren oder ansparen. Der Städtetag
Baden-Württemberg betont daher, es dürfe nicht sein, dass die Bürger im
Südwesten Nachteile bekämen, nur weil ihre Städte schon weiter sind als
andere. Auch in der Opposition stoßen die Pläne der Regierung auf Kritik.
So spricht Andreas Jung, Sprecher für Klimaschutz und Energie der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, von einer „Schieflage“ im Gesetz. Als
Abgeordneter des südbadischen Wahlkreises Konstanz beklagt Jung den
bundesweit absehbaren „Flickenteppich“ an Regelungen. Stattdessen, sagt er,
brauche man „gleiche Regeln für alle“.
Dass nun Stadtbewohner in Baden-Württemberg durch die frühzeitige
Wärmeplanung ihrer jeweiligen Kommune Nachteile erleiden, will auch der
Ministerpräsident des Landes, Winfried Kretschmann (Grüne), nicht
hinnehmen. Er forderte daher am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht
aus Berlin“ eine enge Einbeziehung der Länder bei den Beratungen über die
Details des Heizungsgesetzes: „Ich kann dem Bund nur raten, das jetzt schon
mit uns zu besprechen.“
Die Bundesregierung aber will Tempo machen; sie hat sich zum Ziel gesetzt,
das GEG noch vor der Sommerpause abzuschließen. Im Bundesrat soll es daher
bereits am 7. Juli verabschiedet werden. Kretschmann sieht diesen engen
Zeitplan seiner Parteikollegen kritisch: Es gehe nicht an, den Ländern ein
Gesetz vorzusetzen „und uns dann unter Zeitdruck zu sagen, jetzt müsst ihr
aber ganz schnell zustimmen“. Nach heftigen Querelen in der Koalition
könnte das Gesetz nun also auch intern bei den Grünen noch politischen
Sprengstoff bergen.
20 Jun 2023
## AUTOREN
Bernward Janzing
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