# taz.de -- das wird: „Den eigenen Humor untersuchen“ | |
> Martin Maecker fragt mit einem Theaterabend in Hamburg, wie man lustig | |
> sein kann | |
Interview Jan Paersch | |
taz: Herr Maecker, was ist der beste Witz, den Sie kennen? | |
Martin Maecker: Welcher mir oft durch den Kopf geht: „Warum macht der Hahn | |
beim Krähen die Augen zu? Weil er es auswendig kann.“ | |
Ich habe Ihr Programm „How to be funny“ bereits gesehen. Mein Favorit | |
daraus war ein bisschen derber: „Was macht man mit einem Hund ohne Beine? | |
Um die Häuser ziehen.“ | |
Der kam aus dem Publikum. | |
Sie lassen vor der Show das Publikum Gags auf Zettel schreiben und lesen | |
diese dann vor – auch wenn sie anstößig sind. | |
Damit muss ich klug umgehen. Es gab einmal einen Witz, der zugleich | |
nekrophil und sexistisch war. So etwas fliegt raus. | |
Der Abend steht unter dem Motto „Martin Maecker untersucht seinen Humor“. | |
Was haben Sie bislang herausgefunden? | |
Mein Humor ist ziemlich platt und oft auch naheliegend. Es gibt Menschen, | |
die können gar nicht anders, als ständig nach lustigen Sachen zu suchen. Zu | |
denen gehöre ich. Humor rettet! Beispielsweise an nicht so guten Tagen. | |
Wenn er ganz weg ist – das ist ein schlechtes Zeichen. Die Zuschauenden | |
sind eingeladen, den eigenen Humor zu untersuchen; ich möchte auch als | |
Projektionsfläche dienen. Und ich mag Wiederholungen. | |
Einige Slapsticks reproduzieren Sie bis zur Erschöpfung, und zeigen dazu | |
ein Kierkegaard-Zitat auf einer Pappe: „Die Wiederholung macht, im | |
Gegensatz zur Erinnerung, glücklich.“ | |
Vielleicht ist das gar nicht von Kierkegaard (lacht). Ich habe den Abend | |
mit Mirko Thiele erarbeitet, wir haben zusammen viel geforscht. Es gibt bei | |
Witzen die berühmte Zahl drei – viele bestehen aus Wiederholungen, und beim | |
dritten Mal kommt die Pointe. Das Schöne an Witzen ist ja das | |
Wiedererkennen: Wenn dir ein Kind einen Witz erzählt, den du selbst schon | |
im Kindergarten gehört hast. Da ist etwas Vertrautes. Das hat etwas mit | |
Kultur zu tun. | |
Was ist „How to be funny“ eigentlich: ein Theaterabend, Kabarett, eine | |
Performance? | |
Auf jeden Fall ein Theaterabend. Es ist ganz sicher Sit-down statt | |
Stand-up. Performance trifft auch zu, ich improvisiere schließlich viel. | |
Kabarett und Stand-up sind geskriptet, das ist hier nicht der Fall. Es gibt | |
einen Plan, aber der kann jederzeit umgeworfen werden. Auch für | |
Wiederholungen. Bisher waren die Abende ganz unterschiedlich. | |
Was sagen Witze über eine Gesellschaft aus? | |
Humor wandelt sich. Und man verarbeitet damit Geschehnisse. Der Autor | |
George Tabori hat gesagt, der beste Witz sei Auschwitz. Aber das durfte | |
natürlich nur der jüdischstämmige Tabori! Ich untersuche eher, wie Humor | |
uns glücklich macht. | |
Ihr Abend bringt verschiedene Elemente des Humors zum Vorschein: absurde, | |
tiefgründige, böse, und es gibt sogar Slapstick à la Buster Keaton. Ist | |
Ihnen das wichtig? | |
Ja! Es geht auf jeden Fall in die körperliche Verausgabung. Sonst wäre es | |
eine Lesung. Eigentlich wird es erst spannend, wenn der Körper total | |
erledigt ist. Das Ziel ist die Freiheit. Sich das zu nehmen, was im Moment | |
ist. | |
Sie sind in Wuppertal geboren, haben in Österreich studiert, leben jetzt in | |
Hamburg – Sie kennen vermutlich also viele Formen des Humors? | |
Ich habe mich immer wieder mit meiner Herkunft beschäftigt. In | |
Nordrhein-Westfalen geht es oft sehr derb und direkt zu – wenn ich die | |
Witze höre, fühle ich mich zu Hause. Ich habe einmal einen Dada-Abend | |
gemacht und den schon überall gespielt. Da weiß ich aber meistens, wo die | |
Leute lachen werden. Bei „How to be funny“ begebe ich mich eher aufs | |
Glatteis. Manchmal funktioniert es überhaupt nicht. Erst dann ist es echt. | |
Es braucht eine Struktur – aber die muss bitte unbedingt durchbrochen | |
werden. | |
13 Apr 2023 | |
## AUTOREN | |
Jan Paersch | |
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