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# taz.de -- das wird: „Jugendliche sollen Fehler des Systems ausbaden“
> Das Freiwilligen-Forum in Bremen diskutiert über die Vor- und Nachteile
> eines sozialen Pflichtjahres
Interview Stina Reichardt
taz: Frau Lätzel, warum haben Sie einen Freiwilligendienst gemacht?
Dorothea Lätzel: Weil ich nicht direkt mit dem Studium beginnen wollte. Ich
wollte erst mal etwas anderes machen, aus dem System von Klausuren und
Lernen rauskommen und herausfinden, was ich studieren möchte, um dann ins
Studi-Leben einzusteigen.
Was denken Sie über ein soziales Pflichtjahr für junge Menschen?
Jugendliche sollte man nicht zu einem Pflichtjahr zwingen. Aber jeder
Mensch sollte die Möglichkeit und Chance haben, ein soziales Jahr zu
machen. Freiwilligendienste sind aber nicht allen bekannt und nicht alle
können sich das leisten. Alle Menschen sind unterschiedlich und nicht alle
nehmen das aus einem sozialen Jahr mit, was ich mitgenommen habe. Es gibt
auch andere Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Stellen für Engagement nach
der Schule.
Die wären?
Man kann sich zum Beispiel in politischen Bewegungen engagieren oder in
sozialen Einrichtungen. Oder auch im Asta.
Und Nichtstudierende?
Man kann sich immer in einer Gewerkschaft engagieren. Es gibt auch meistens
Gruppen der verschiedenen Berufsfelder, in denen man sich engagieren kann,
zum Beispiel in der Landwirtschaft. Dort können sich Auszubildende und
junge Leute generell ehrenamtlich engagieren oder auch bezahlte Jobs
annehmen.
Kann das soziale Pflichtjahr nicht eine Chance gegen den Personalmangel
sein?
Absolut nicht. Unqualifizierte Jugendliche sollen die Fehler des Systems
ausbaden. Momentan hat der Freiwilligendienst eher das Image, dass er den
Fachkräftemangel ausgleichen soll, aber die Kommunikation muss geändert
werden. Es muss klar werden, dass das eine Möglichkeit für die persönliche
Entwicklung ist. Klar, es ist auch immer ein Dienst an der Gesellschaft,
aber er ist kein Ersatz für Fachkräfte. Der Fachkräftemangel muss auf
anderem Weg gelöst werden, zum Beispiel durch bessere Bezahlung und
attraktivere Jobs.
Wie kann man Freiwilligendienste attraktiver und bekannter machen?
Das System muss geändert werden. Vor allem die Bezahlung und Unterstützung
muss erhöht werden. Im FSJ bekommen Freiwillige maximal 500 Euro im Monat,
eher weniger. Das Taschengeld der Freiwilligen reicht nicht aus, um Wohnung
und Lebensunterhalt zu finanzieren, wenn man nicht mehr bei den Eltern
wohnt. Wie man sich vorstellen kann, machen viele deshalb keinen
Freiwilligendienst. Außerdem sollten Freiwilligendienste nicht nur in
Gymnasien beworben werden, sondern an allen Schulen. Und auch in unteren
Klassenstufen, damit die Kinder früh die Möglichkeit sehen und das für sich
in Betracht ziehen können.
2 Mar 2023
## AUTOREN
Stina Reichardt
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