| # taz.de -- Video aus der JVA Tegel als Hilferuf | |
| > Insassen prangern Diskriminierung ausländischer Gefangener an | |
| Von Johanna Treblin | |
| Die Kamera filmt von oben. Wahrscheinlich steht ein Mann mit Smartphone auf | |
| einem Stuhl oder einem Tisch. Zu sehen sind zehn Personen, die Kamera filmt | |
| lediglich ihre Beine. Nur von einem sieht man das Gesicht. „Ausländische | |
| Gefangene werden diskriminiert und erhalten schlechtere Arbeit | |
| beziehungsweise keine Arbeit“, sagt er. Das Video, erklärt er, sei am 9. | |
| Februar 2023 in der Teilanstalt VI der Justizvollzugsanstalt Tegel | |
| aufgenommen worden. Anschließend wurde es auf die Videoplattform Tiktok | |
| hochgeladen. Eine Sprecherin der Justizverwaltung hat gegenüber der taz die | |
| Echtheit des Videos bestätigt. | |
| Die Liste der Vorwürfe ist noch länger: Ausländische Gefangene würden nicht | |
| auf die Entlassung vorbereitet. Ein Ex-Häftling habe eine Nacht vor der Tür | |
| der JVA geschlafen, weil er nicht wusste, wohin er gehen solle. Ärztliche | |
| Anordnungen ignoriere die JVA ebenso wie Gerichtsbeschlüsse und | |
| Dienstaufsichtsbeschwerden. Gefangene, die die deutsche Sprache nicht | |
| sprechen, bekämen für Anhörungen und sogenannte Vollzugsplankonferenzen | |
| keine Dolmetscher. Außerdem gebe es „kollektive Bestrafungen“ für alle, | |
| wenn sich Einzelne danebenbenähmen. Wie genau die Bestrafungen aussehen, | |
| beschreibt der Vortragende nicht näher. Das Video sei ein Hilferuf, so | |
| erklärt es der Gefangene. „Durch diese Aktion wollen wir uns Gehör | |
| verschaffen und die Aufmerksamkeit auf uns richten.“ | |
| In einem zweiten Video wird auf Instagram verwiesen, wo das komplette Video | |
| zu sehen ist. In den letzten Sekunden sieht man, wie sich drei Gefangene | |
| mit einem scharfen Gegenstand – möglicherweise einer Rasierklinge – die | |
| Adern aufritzen, bis sie bluten. Auf eine Nachricht der taz an den | |
| Betreiber des Tiktok-Kanals gab es keine Antwort. | |
| Aufgenommen worden sei das Video in den Kellerräumen der Teilanstalt VI der | |
| JVA Tegel, erklärt die Sprecherin der Senatsjustizverwaltung. Der | |
| Gefangene, der im Video mit Gesicht zu sehen sei, sei identifiziert worden. | |
| „Die Senatsjustizverwaltung geht den in dem Video erhobenen Vorwürfen | |
| gründlich nach“, sagte eine Sprecherin. Das gelte auch für die | |
| Rassismusvorwürfe. Grundsätzlich seien Rassismus und Diskriminierung | |
| gesellschaftliche Phänomene, die auch vor den Gefängnismauern nicht | |
| haltmachten. Allgemein seien Unzufriedenheiten „bezüglich der ausgegebenen | |
| Kaltspeisen“ in der gesamten JVA Tegel bereits bekannt. Das Smartphone, mit | |
| dem das Tiktok-Video aufgezeichnet wurde, sei noch nicht gefunden worden. | |
| [1][Justizsenatorin Lena Kreck] (Linke) setzt sich schon lange für eine | |
| Reform des Beschwerdemanagements in den Berliner Gefängnissen ein. „Ziel | |
| muss ein niedrigschwelliges Beschwerdemanagement sein, in das die | |
| Gefangenen Vertrauen haben.“ | |
| In den acht Berliner Gefängnissen sitzen derzeit rund 4.000 Menschen ein. | |
| Die JVA Tegel ist [2][mit 900 Gefangenen die größte Haftanstalt] für | |
| Männer. Die Zustände in den Berliner JVAs sind immer wieder Thema. | |
| [3][Ausführlich auf taz.de/berlin] | |
| 13 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Johanna Treblin | |
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