# taz.de -- Zurück in die Zukunft | |
> Werbepausen sind was fürs Kabelfernsehen – Streaming kostet Geld und | |
> bleibt reklamefrei. Diese Trennung wird vermehrt infrage gestellt. | |
> Werbefinanzierte Online-Streams sind im Kommen | |
Bild: Nur noch bis zur nächsten Werbepause gucken, dann geht’s ins Bett! | |
Von Wilfried Urbe | |
Streamen mit Werbung ist bald das neue Normal. Bis Ende 2024 werden die | |
Hälfte aller großen Anbieter von [1][Abo-Videodiensten] einen FAST-Channel | |
einführen. FAST (Free Ad-supported Streaming Television) steht für | |
Fernsehangebote, die über Internet als Livestream geschaut werden können. | |
Bis 2030 sollen alle derartigen Online-Services komplett oder zum größten | |
Teil werbefinanziert sein. Das sind die deutlichen Ergebnisse einer | |
[2][aktuellen Untersuchung] der Unternehmensberatung Deloitte. | |
Dass frei verfügbare, werbefinanzierte, online empfangbare TV-Sender die | |
Zukunft sein könnten, das wurde vor kurzem auch auf der C21 Content London | |
Konferenz deutlich. Der Inhalte-Chef bei ProSiebenSat.1, Henrik Pabst, etwa | |
bestätigte auf dem internationalen Branchentreff, dass seine Sendergruppe | |
den Fokus auf werbefinanzierte Online-Inhalte legt. Denn ProSiebenSat.1 | |
nimmt auch Drittanbieter auf seiner Onlineplattform Joyn mit auf. | |
Nutzer*innen können beispielsweise direkt auf andere TV-Sender | |
zugreifen, etwa ARD oder ZDF. Bei den Münchenern denkt man jedenfalls nicht | |
mehr in den Dimensionen Digital oder TV. „Diese Trennung haben wir | |
aufgegeben, sagt Geschäftsführerin Nicole Agudo Berbel. Die neue Trennung | |
sei zwischen „Live und On Demand“. | |
Die von der Exaring AG betriebene deutsche Plattform waipu.tv bietet | |
ebenfalls mit über 75 kostenlosen Sendern ein großes Angebot. „Der | |
FAST-Markt in Deutschland erlebt in den letzten Monaten einen | |
Reifungsprozess“, teilte die Vorstandsvorsitzende der Aktiengesellschaft, | |
Bettina Bellmer, mit, „Quantität weicht immer mehr der Qualität.“ Besonde… | |
die junge Zielgruppe, die sich vom klassischen Fernsehen abgewendet habe, | |
würde online wieder lineares TV schauen. Sie ist sich sicher, dass in | |
Deutschland eine ähnliche Entwicklung wie in den USA eintreten wird, denn | |
dort haben solche Angebote bereits ihren Siegeszug angetreten. Die | |
Plattform Tubi von Fox Entertainment zum Beispiel wird schon von 56 | |
Millionen Menschen monatlich genutzt, ist in Europa aber noch nicht | |
zugänglich. Pluto TV kann bei uns bereits abgerufen werden. Das | |
Streamingportal des Medienunternehmens Paramount Global bietet über 100 | |
Fernsehstreams an und stellt außerdem Filme zum Abruf bereit. | |
Der Gerätehersteller Samsung sieht sich mit seinem TV-Plus-Angebot gar als | |
„Vorreiter“ im europäischen FAST-Markt. Der verantwortliche Manager für d… | |
mitteleuropäischen Staaten, Benedikt Frey, verweist darauf, dass 56 Prozent | |
der Smart-TV-Nutzer*innen in Deutschland, Frankreich Italien und Spanien | |
angeben, Werbe-basierte Services gegenüber Abo-basierten im Austausch mit | |
kostenlosen Inhalten zu bevorzugen. | |
„In Deutschland haben mittlerweile 10 Millionen Nutzer*innen einen | |
Samsung-Smart-TV und damit Zugriff auf den vorinstallierten FAST-Service | |
von Samsung TV Plus“, sagt Benedikt, „knapp 3,5 Millionen | |
Zuschauer*innen nutzen Samsung TV Plus regelmäßig“. In den vergangenen | |
zwölf Monaten sei der Anteil von FAST in Deutschland um 9 Prozent | |
gestiegen. „Konsumenten achten mittlerweile auch beim Entertainment aufs | |
Budget, wollen sich allerdings nicht mit schlechter Qualität | |
zufriedengeben.“ | |
Dass öffentlich-rechtliche Sender auf Plattformen vertreten sind, die | |
lineare Fernsehprogramme streamen, liegt auf der Hand. Können sie doch so | |
vielleicht Jüngere erreichen, die eigentlich bei ARD und ZDF schon längst | |
abgeschaltet haben. | |
„Die Lizenzierung erfolgt über die Verwertungsgesellschaften und unterliegt | |
festgelegten Kriterien“ erklärt eine ARD-Sprecherin die Voraussetzungen. | |
Dazu zählt beispielsweise, dass keine Werbung im direkten Umfeld der | |
ARD-Programme platziert werden dürfe, etwa durch Überblendungen oder | |
Preroll-Werbung. | |
Laut Tubi-Programmchef Adam Lewinson schließlich geht das Fernsehen einfach | |
zurück in die Zukunft. TV sei schon immer ein kostenloses, | |
werbefinanziertes Modell gewesen: „In den letzten Jahren hatte man den | |
Eindruck, dass die Zukunft des Fernsehens hinter einer Bezahlschranke | |
liegen würde. Ich glaube, dass die Zukunft des Fernsehens kostenlos, | |
werbefinanziert und ein Mix aus linearen und abrufbaren Inhalten sein | |
wird.“ | |
30 Dec 2022 | |
## LINKS | |
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[2] https://www2.deloitte.com/de/de/pages/technology-media-and-telecommunicatio… | |
## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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