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# taz.de -- das wird: „Man geht hin, auch wenn man die Musik nicht kennt“
> Programmmacher Sebastian Tim über zehn Jahre „Hanse Song Festival“ in
> Stade
Interview Kevin Goonewardena
taz: Herr Tim, das „Hanse Song Festival“ in Stade feiert an diesem
Wochenende sein zehnjähriges Bestehen. Erinnern Sie sich noch an die
Anfänge?
Sebastian Tim: Ziemlich gut sogar. Ich habe damals bei Tapete Records
gearbeitet, wir hatten schon länger ein Konzept für ein
Singer/Songwriter-Festival in der Schublade. Auch weil ich selbst aus der
Nähe von Stade komme und dort zur Schule gegangen bin, haben wir Kontakt
zur Stadt aufgenommen und danach einen Testballon gestartet.
Was für einen?
Eine kleine Veranstaltung mit drei Acts, um einfach mal zu gucken, wie so
was in einer Stadt funktioniert, die jetzt nicht gerade für ihre
pulsierende Livemusikszene bekannt ist. Und es hat super funktioniert. Man
hat gleich gemerkt, da ist eine Nachfrage da.
Von Hamburg aus fährt man eine Stunde nach Stade, eine Autobahn gibt es
nicht. Hinter Stade kommt dann auch nichts mehr. Hatten Sie keine Bedenken?
Bedenken gab es überhaupt keine, wir haben einfach gemacht. Ich hatte
mitbekommen, dass die Stadt im Kunsthaus Stade ganz tolle Sachen auf die
Beine stellt. Damals lief eine Daniel-Richter-Ausstellung – Daniel Richter
in Stade, das habe ich überhaupt nicht zusammengebracht. Das hat mich dann
schon ein bisschen getriggert, und ich wollte herausfinden, wie es dazu
kam. Als der Kontakt zur Stadt und dem neuen Kulturchef Andreas Schäfer
zustande kam, wurde klar, dass da jemand sitzt, der sehr offen und an
zeitgenössischer Kunst und Kultur interessiert ist. Mit ihm zusammen haben
wir das HSF dann ausgetüftelt.
Bei dem Festival treten die Künstler:innen nicht auf der grünen Wiese
auf, nicht auf Bühnen in der Stadt oder in den örtlichen Clubs und Kneipen
– stattdessen in Kirchen, dem Rathaus und sogar dem Landgericht
In einer Stadt wie Stade hat man natürlich nicht die Clubdichte wie in
Hamburg, aber es gibt einzigartige Orte wie den Königsmarcksaal im Rathaus.
Der hat einen ganz eigenen Vibe, Flügel inklusive. Dort ein Klavierkonzert
zu sehen, ist was Besonderes. Oder der Raum im Gericht, der ist ganz klein,
da passen vielleicht 50 Leute rein. Aber wann kann man schon mal ein
Konzert in einem Gericht besuchen?
Hat sich in den zehn Jahren, die es das Festival nun gibt, in der Stadt
etwas verändert?
Es ist jetzt nicht so, dass wir Stade aus dem Dornröschenschlaf geholt
hätten, dort gab und gibt es ja Kulturarbeit. Aber was ich von vielen
Stader:innen gehört habe, ist, dass das HSF mittlerweile so im
Bewusstsein ist, dass man da einfach hingeht. Man kauft sich ein Ticket,
auch wenn man die Künstler:innen nicht kennt, weil man weiß, dass es gut
wird. Vielleicht nimmt man am Ende sogar noch zwei Platten mit. Die Leute
besuchen die Konzerte und sind danach beseelt. Das habe ich jetzt schon
öfter gehört und das macht mich glücklich. Weil es eben auch ein anderes
Publikum ist, als das, was ständig in irgendwelche Hamburger oder Bremer
Clubs rennt.
Welche Auswirkungen hat Corona auf das Jubiläum?
Was den Ablauf und das Konzept angeht, knüpfen wir nahtlos an die Zeit vor
der Pandemie an. Aber statt wie sonst im Frühjahr, findet das Festival
erstmals im November statt. Und auch wir merken die Pandemie bei den
Ticketverkäufen. Wo wir sonst viel früher Richtung „Ausverkauft“ gegangen
sind, tun wir das jetzt nicht. Es ist, wie es ist. Umso schöner ist es,
dass so ein Festival mit Unterstützung der Stadt trotzdem weiter
stattfinden kann. Wir haben den Auftrag, Kultur anzubieten und den Menschen
zu zeigen: „Hier, lebt das.“
4 Nov 2022
## AUTOREN
Kevin Goonewardena
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