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# taz.de -- taz🐾thema: Die machen ihr ganz eigenes Ding
> Start-ups erneuern nicht nur die Ökonomie, sondern beschleunigen auch
> gesellschaftlichen Wandel. Motor für Innovationen auch technischer Art
> ist Diversity. Eine entscheidende Rolle dabei spielen Gründerinnen
Von Lars Klaaßen
„Start-ups sind die Wegbereiter der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Erneuerung, sie schaffen immer mehr Arbeitsplätze, stehen für innovative
Geschäftsmodelle und treiben maßgeblich die Digitalisierung sowie
nachhaltige Entwicklung Deutschlands voran“, betonte Gesa Miczaika,
Vorständin des Bundesverbands Deutsche Start-ups, anlässlich der
Publikation des Deutschen Start-up Monitors (DSM) 2021.
Laut DSM schaffen Start-ups in Deutschland immer mehr Arbeitsplätze. Die
durchschnittliche Mitarbeiterzahl stieg 2021 im Vergleich zum Vorjahr von
14,3 auf 17,6 Personen. 91,6 Prozent der erfassten Start-ups planen
Neueinstellungen – im Schnitt 8,7 in den kommenden zwölf Monaten. Als
positiv hebt Miczaika den zunehmenden Anteil an Frauen bei der Gründung von
Start-ups hervor: Erneuerung bedeute auch, das gesamte Potenzial unserer
Gesellschaft auszuschöpfen. Der Anteil an Gründerinnen in den DSM-Start-ups
lag 2021 bei 17,7 Prozent.
Der Anteil erfolgreicher Gründerinnen und Unternehmerinnen nimmt nicht
zuletzt auch deshalb zu, weil Frauen engagiert und strategisch darauf
hinarbeiten. Anastasia Barner etwa, heute 23 Jahre alt, weiß mit rund
19.600 Followerinnen und Followern bei Instagram nicht nur, wie man Social
Media für Projekte und Start-ups nutzt. Sie gründete mit gerade mal Anfang
20 bereits ihr erstes Unternehmen: FeMentor ist die erste
Female-Reverse-Mentoring-Plattform in Europa. „Reverse Mentoring“ bedeutet,
dass nicht bloß die Mentorin ihr Wissen weitergibt, sondern dieser
Austausch in beide Richtungen auf Augenhöhe stattfindet. Die junge Frau als
Mentee kann ihr Wissen – sowohl individuell als auch das ihrer spezifischen
Generation – ebenfalls vermitteln. Die Gründerin erhielt den FemTec Award
2020 in der Kategorie Leadership.
„Entscheidend ist bei diesem Konzept der Rollentausch zwischen Mentorin und
Mentee“, erläutert Barner. „Die jungen Frauen werden zu Mentorinnen, wenn
es um zum Beispiel um Social Media geht.“ Empowering für junge Frauen
lautet das Ziel dabei. Dabei sei es auch heute noch wichtig, junge Frauen
zu ermutigen und ihnen ein weibliches Rolemodel zur Seite zu stellen.
„Statt Geld fließt Wissen, denn Wissen ist Macht“, so Barner. „Dadurch g…
es kein Gefälle zwischen Mentor und Mentee. Es entsteht ein Austausch auf
Augenhöhe, der beiden behilflich ist.“ FeMentor kooperiert mit Start-ups,
mittelständischen Unternehmen und DAX-Konzernen, öffnet jungen,
talentierten Frauen also die Türen dorthin.
„Potenzielle Partner kommen in der Regel auf uns zu“, sagt Barner. „Im
Vorfeld sprechen wir mit mindestens einer weiblichen Person im Unternehmen,
um uns ein Bild zu machen.“ Ob die Unternehmenskultur passt, macht FeMentor
an einer Reihe von Kriterien fest, unter anderem: Art der Rekrutierung,
faires Gehalt für alle, aktive Ansprache von Frauen, Gleichberechtigung am
Arbeitsplatz.
Auch in der eigenen Firma legt die Chefin Wert auf Diversity, mit Blick auf
Geschlechter, Generationen und Kulturen. Das Reverse-Mentoring-Netzwerk
besteht aus rund 1.700 Mentorinnen, die aus unterschiedlichen Kulturen,
Branchen und Altersgruppen kommen. Die Frauen, die sich bei FeMentor
engagieren, sind weltweit tätig. „Je bunter das Team, desto vielfältiger
ist der Input für unsere Arbeit“, betont die Gründerin.
Diversität und Kommunikation waren auch für Sabrina Spielberger wichtige
Schlüssel zum Erfolg. Im Alter von 28 Jahren gründete sie digidip. Das
Start-up, 2013 auf den Markt gekommen, führt in über 40 Ländern
Onlinehändler mit Webseitenbetreibern zusammen und ist dabei auf
automatisierte Content-Monetarisierung und Performance-Analyse
spezialisiert. Als Meta-Netzwerk, das von rund 25 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern betrieben wird, bietet es Bloggern, Online-Magazinen und
Influencern Zugang zu 100 Affiliate-Netzwerken und über 40.000 Händlern
weltweit. Mit selbstentwickelter Technologie an den Start gegangen, gehörte
es schon bald zu den am schnellsten wachsenden Firmen Europas, belegte im
Bereich Sales & Marketing Platz 1 in Europa. Um sich unternehmerische
Freiheit in größerem Maße zu wahren, ging Spielberger mit digidip als
„Bootstrap“-Unternehmen an den Start, verzichtete also auf eine externe
Finanzierung. Ausgaben mussten minimiert und Einnahmen zugleich maximiert
werden.
„Der Druck war zwar enorm“, sagt Spielberger. „Eine entscheidende Basis f…
den Erfolg aber war, Chancengleichheit bei digidip zu leben, bei allen
unternehmerisches Denken zu fördern.“ Wichtig für das dynamische und
kreative Klima sei zudem gewesen, wer sich bewirbt: „Diverse Teams
bereichern die Unternehmenskultur ungemein.“ Community statt Competition
lautete ihr Ziel, transparente Kommunikation habe zu besseren Ergebnissen
geführt. Diese Werte im Arbeitsalltag zu realisieren, hat nicht von Anfang
an reibungslos funktioniert. „Ein Leadership-Coaching hat mich dann für die
praktischen Aufgaben fitter gemacht“, erinnert die Gründerin sich. Zu den
Idealen kam das handwerkliche Know-how fürs Management. „Es ist wichtig zu
wissen, wann man seine Leute einbinden sollte und wann sie Führung
brauchen“, betont Spielberger. Wenn etwa Leitlinien und Ziele formuliert
werden, sei Mitsprache von großer Bedeutung. Spüre man hingegen
Unsicherheit im Team, sei Führungsstärke gefragt: „Dann heißt es, die
Richtung vorzugeben.“
Mit Blick auf Profitabilität und Umsatzziele sah Spielberger im vergangenen
Jahr alle ihre Ziele erreicht, die sie sich gestellt hatte. Sie verkaufte
das Start-up und verließ das Unternehmen in diesem Sommer: „digidip ist nun
Teil einer Unternehmensgruppe, was den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
größere Aufstiegschancen eröffnet.“ Spielberger hat gerade eine Stiftung
gegründet, die junge Talente fördern soll, mit Fokus auf Inklusion und
Diversität. Sollten dort künftige Gründerinnen und Gründer auf den Weg
gebracht werden, wäre das sicher ein gern gesehener Nebeneffekt. Aber auch
die persönlichen Ambitionen sind noch Thema: „Als ich mit digidip an den
Start ging, paarte sich eine Portion Wahnsinn mit Naivität, das fehlt mir
heute“, sagt Spielberger lachend. Dass sie sich demnächst nochmal an eine
Gründung macht, wäre dennoch nicht auszuschließen: „Das ist nach wie vor
mein Ding!“
14 Oct 2022
## AUTOREN
Lars Klaaßen
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