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# taz.de -- Gemeinsame Liebezum erhöhten Risiko
> Unter dem neuen Trainer Xabi Alonso soll Bayer Leverkusen dominant und
> dynamisch spielen. Es könnte der Beginn einer zweiten großen Karriere
> sein
Bild: Konzentriert euch! Das ist einer der Kernbotschaften von Alonso
Aus Leverkusen Andreas Morbach
Bei seinem ersten offiziellen Auftritt als neuer Chefcoach in Leverkusen
surfte Xabi Alonso gekonnt zwischen Statements auf Deutsch und Englisch hin
und her. Bei einem Ausdruck kam der frühere Weltklassespieler zwischendurch
allerdings ins Grübeln. Das Wort „Abstiegskampf“, mit dem er da
konfrontiert wurde, spielte in seiner Fußballerkarriere bei europäischen
Schwergewichten wie Liverpool, Real Madrid und Bayern München schließlich
nie eine Rolle. Deshalb bat Alonso erst einmal höflich um eine englische
Übersetzung.
Als er den Hinweis auf die aktuelle sportliche Misere der Leverkusener, die
Aufsteiger Schalke am Samstag als Bundesliga-Vorletzter empfangen, dann
verstanden hatte, hellte sich seine Miene wieder auf. „Darauf schaue ich
nicht. Ich schaue nur auf die Partie gegen Schalke und das Spiel am
nächsten Mittwoch gegen Porto“, beteuerte der 40-Jährige. „Ich denke von
Spiel zu Spiel, Schritt für Schritt“, erklärte er in der üblichen
Branchenrhetorik noch.
Doch trotz des Glamours, der mit der Verpflichtung von Xabi Alonso (Vertrag
bis 2024) nun durch die BayArena weht, begleitet dessen Rückkehr nach
Deutschland auch Skepsis. Denn als Spieler bei den Bayern holte der Baske
zwar drei deutsche Meistertitel, dazu 2016 den Pokalsieg. Doch als Trainer
hat der frühere Mittelfeldstratege, der mit Liverpool (2005) und Real
Madrid (2014) die Champions League gewann, keine Erstligaerfahrung.
„Im Leben gibt es keine Sicherheiten, und im Fußball schon gar nicht“,
sinnierte Alonso hierzu. Natürlich habe er sich auch Gedanken über den
unerwartet schlechten Saisonstart der Leverkusener, in der Vorsaison noch
Liga-Dritter, gemacht. „Aber“, so seine Schlussfolgerung, „wenn du zu
ängstlich bist, Risiken einzugehen, wirst du nichts erreichen.“ Er sei
dankbar für die „Plattform“, die Bayer ihm biete, erklärte er – und
kündigte mit Verweis auf seine eigenen Lehrmeister, darunter Spitzenkräfte
wie Pep Guardiola oder José Mourinho, an: „Spieler müssen dir folgen. Du
musst ihnen helfen, du musst sie füttern.“
Ein Jahr nach seinem Abschied von Trikots und kurzen Hosen stieg Alonso im
Sommer 2018 bei der U14 von Real als Trainer ein. Es folgten drei
Spielzeiten bei seinem Heimatklub Real Sociedad San Sebastián, wo er die
zweite Mannschaft in der drittklassigen Segunda División B coachte. Eine
Anfrage aus Gladbach, wo der damalige Sportdirektor Max Eberl nach dem
verkündeten Abmarsch von Marco Rose nach Dortmund im Frühjahr 2021 einen
Übungsleiter für den Sommer suchte, lehnte Alonso ab. Er erklärte, er wolle
als Trainer erst noch reifen.
Eineinhalb Jahre später ist er bereit für den Sprung zurück ins
Rampenlicht. Und von einem Risiko, zum Einstieg als Erstligacoach einen
zwar weiterhin sehr ambitionierten, aktuell aber eben sportlich
abgestürzten Klub zu übernehmen, will der 114-malige spanische
Nationalspieler ebenso wenig wissen wie Simon Rolfes.
Bayers Sport-Geschäftsführer führte die Gespräche mit Alonso. Der
dominante, dynamische Fußball, den der Wunschkandidat für die Nachfolge des
am Mittwoch entlassenen Gerardo Seoane bei der Reserve von Real Sociedad
spielen ließ, überzeugte ihn. „Das passt hervorragend zu unserer
Philosophie“, betonte Rolfes – und sagte: „Wenn man im Leben immer nur an
mögliche Risiken denkt, kann man auch keine Entscheidungen treffen.“
Er schaue lieber auf die Chancen, die in dieser Personalie liegen. Die
positiven Reaktionen, die er von früheren Weggefährten auf den Deal mit dem
Weltmeister von 2010 erhalten habe, sprächen für sich, erklärte Rolfes. Der
bei der Gelegenheit auch noch ein wenig über seine Unterhaltungen in den
vergangenen Tagen plauderte: „Viele“, berichtete er, „trauen ihm auch als
Trainer eine große Karriere zu.“
Der Hochgelobte pries wiederum die Fortschritte, die die Bundesliga in den
letzten Jahren gemacht habe. Ebenso würdigte er den Mut, den viele Manager
mit der Verpflichtung junger Trainer wie ihm bewiesen: „Das ist gut für den
Fußball.“ Bei seiner ersten Trainingseinheit am Donnerstag gab er dem Team
als Botschaft mit auf den Weg: „Heutzutage brauchst du im Fußball 95
Minuten höchste Konzentration. Wenn du nur 80 Minuten schaffst, killt er
dich.“
7 Oct 2022
## AUTOREN
Andreas Morbach
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