# taz.de -- „Alte Instrumente haben immer viel Platz in meinen Produktionen“ | |
> Die Hamburger Sängerin Miu erhebt ihre Stimme auch in Braunschweig | |
Interview Ben Reddig | |
taz: Hallo Miu, Ihnen ist es wichtig, sich in Ihrer Musik gesellschaftlich | |
zu positionieren, beispielsweise mit einem Video gegen NS-Verharmlosungen | |
durch Corona-Leugner*innen. Was treibt Sie dazu an? | |
Miu: Themen, die mich ganz persönlich auch interessieren und beeinflussen, | |
verarbeite ich natürlich auch in meiner Musik. Ich finde es total wichtig, | |
wenn man als Künstler oder Künstlerin eine Stimme hat, dass man die auch | |
sinnvoll nutzt. Deswegen mache ich das manchmal. | |
Wünschen Sie sich mehr Künstler*innen mit Haltung? | |
Ich würde keinem Künstler oder keiner Künstlerin vorschreiben wollen, | |
worüber man Musik zu machen hat. Und jede Musik hat ihre Berechtigung, auch | |
wenn sie nur unterhalten soll. Wir haben auch viele Songs, die einfach | |
unterhaltend sind. Aber natürlich finde ich das schön, wenn man seine | |
kleine Öffentlichkeit sinnvoll nutzt. Jeder soll machen, was er für richtig | |
hält. | |
Sie fordern auch eine bessere Förderung von Musikerinnen: Was läuft da | |
falsch? | |
Wir haben immer noch eine strukturelle Benachteiligung von Künstlerinnen. | |
Das sieht man regelmäßig, wenn man auf Festivalplakate guckt. Da sind oft | |
wenige Frauen vertreten, obwohl es dafür keine objektiven Gründe gibt, denn | |
es gibt diese Künstlerinnen. Da würde ich mir auf jeden Fall wünschen, dass | |
man im Booking diese Plätze fairer verteilt. | |
Und außerhalb von Festivals? | |
Auch in Playlisten, im Radio, im Airplay wäre es schön, wenn man mehr | |
darauf achten würde, eine faire Verteilung von solchen Plätzen zu haben. | |
Der Auftritt, der Sie dazu gebracht hat, alles auf die Karte Musikkarriere | |
zu setzen, fand in einem kleinen New Yorker Club statt… | |
Das Erlebnis, in New York zu spielen, war auf jeden Fall prägend. Für mich | |
war danach klar, dass ich das gerne beruflich machen möchte. Deswegen habe | |
ich dann meinen alten Job an den Nagel gehängt. | |
Wie kam es denn zu dem Auftritt? | |
Ich habe eine Reise nach New York gemacht und mich gefragt, was ich dort | |
machen möchte. Und da ich zu dem Zeitpunkt schon etwas Musik gemacht habe, | |
wollte ich gerne dort auftreten und habe den Club angeschrieben. | |
Haben Sie es jemals bereut, sich danach nur auf die Musik konzentriert zu | |
haben? | |
Nein, habe ich nicht. Es war mit Sicherheit während der Coronakrise nicht | |
leicht, und auch jetzt ist es immer noch eine Herausforderung, weil es auch | |
so wenig Sicherheiten gibt. Aber den Schritt habe ich nie bereut. | |
Warum sind Ihnen analoge, „echte“ Instrumente so wichtig? | |
Ich verbinde auch durchaus Sachen aus dem Computer, aber alte und schöne | |
Instrumente haben auf jeden Fall immer ganz viel Platz in meinen | |
Produktionen. Weil das auch die Musik meiner Helden ist, meine musikalische | |
Gesinnung. Und außerdem finde ich, dass Instrumente eine Art Mojo haben, | |
was der Computer nicht hat. | |
Sie haben es mit Ihrem Doppelalbum „Modern Retro Soul“ ohne Label in die | |
Charts geschafft. Braucht man als Künstler*in überhaupt noch Labels? | |
Nein, das würde ich nicht sagen. Labels haben auf jeden Fall ihre | |
Berechtigung, sofern sie sich gut um einen Künstler kümmern. Aber für mich | |
war es wichtig, ein Album ohne Kompromisse zu machen und dann war es der | |
sinnvollere Weg, das selbst zu machen. | |
23 Aug 2022 | |
## AUTOREN | |
Ben Reddig | |
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